Die Gesellschaft verändert sich massiv. Personalmangel. Konkurrenz im religiösen Umfeld. Die Diözese Linz stellt sich auf die Zukunft ein. Ein Gespräch mit Generalvikar Severin Lederhilger.
Sie leiten den Prozess, der die katholische Kirche in Oberösterreich zukunftstauglich machen soll. Eine Aufgabe, die Sie mit Sorge oder mit Freude erfüllt? DDr. Severin Lederhilger: Beim Durchschauen der Aktivitäten und Initiativen in der Diözese Linz kann man sehr Erfreuliches und Positives entdecken. Bei Veränderungsprozessen gibt es auch das Moment des Ungewissen, weil man noch nicht weiß, ob Pläne und Wünsche in Erfüllung gehen. Der Diözesane Prozess ist ein inhaltlicher Vorgang, der die vorhandenen Ressourcen optimieren will. Da suchen wir einen Ausgleich zwischen den Interessen vor Ort und regionalen oder diözesanen Zusammenhängen.
Die Kirchen haben am religiösen Feld immer mehr Konkurrenz: Was spricht für die katholische Kirche? Unsere Stärke liegt wesentlich in der Nähe zu den Menschen, die in der katholischen Kirche in einer langen Tradition vorhanden war und ist. Wir haben uns als Diözese vorgenommen, dass wir auch 2015 als Kirche bei den Menschen präsent sein wollen.
In Oberösterreich bleibt also die Pfarrstruktur im Wesentlichen erhalten? Die Pfarrstruktur ist eine ganz wesentliche Einheit, die eine gewisse Identität schafft. Man muss sie aber in ihrer Unterschiedlichkeit sehen. Es gibt sehr große Pfarren mit tausenden Katholiken, und kleine, mit 200 bis 500 Katholikinnen und Katholiken. Unser Anliegen ist, dass die Identität einer Gemeindestruktur erhalten bleibt, vielleicht nicht immer mit demselben Leistungsmodell. Es muss nicht alles, was in einer Großpfarre da ist, auch in einer Kleinstpfarre gegeben sein. Die Herausforderung liegt im Zusammenarbeiten. Da gibt es ja schon Erfahrungen, und wir wollen noch weitere gute Beispiele erproben, sodass Zusammenarbeit gestärkt und verbessert wird.
Die Diözese hat bei solchen Überlegungen bisher immer die Betroffenen einbezogen. Das ist sogar das Entscheidende, dass wir nicht eine Struktur am Reißbrett entwerfen und dann den Pfarren überstülpen. Vielmehr möchte ich darauf setzen, dass sich Erfahrunge der Zusammenarbeit konkret bewähren und dass aus diesen Efahrungen heraus Vorschläge erwachsen. So werden beispielsweise jetzt in einzelnen Dekanaten in Pilotprojekten die Brennpunkte kirchlichen Lebens ausgelotet. Wir bauen auf die Erfahrungen der Basis, um zu finden, was das Gemeindeleben erleichtert und welche Hilfe dazu notwendig ist. Erst dann kann man überlegen, welcher strukturelle Rahmen das am besten unterstützt und trägt. Wir wollen ein sinnvolles Zusammenwirken. Wir wollen nichts in einen Rahmen pressen, sondern den passenden Rahmen suchen.
Die Kirche hat nicht nur einen Priestermangel. Auch Stellen für Laien können nicht alle besetzt werden. Was bedeutet das? Es braucht die Zusammenarbeit von Hauptamtlichen und von Ehrenamtlichen. Dabei müssen wir klären, welche Berufsgruppen welche Funktionen übernehmen sollen. Nicht jede Aufgabe, aus der sich die Gesellschaft zurückzieht, ist gleich eine kirchliche Aufgabe, wohl aber eine Aufgabe, in der sich Christen eventuell besonders engagieren.
Was wird man in der Kirche von 2015 noch genauso vorfinden? Die Kirche, wie sie sich in den Grundstrukturen darstellt, von Verkündigung, Diakonie, gottesdienstlichem Feiern – vor allem in der Eucharistie, aber ergänzt mit Wortgottesdiensten und andern Feiern, und einer Leitung, die sich im Zusammenwirken von Priestern, Diakonen sowie haupt- und ehrenamtlichen Laien ausdrückt. Es wird über die Pfarren hinaus so etwas wie „Biotope“ des Glaubens geben, wo sich Menschen in bestimmten Anliegen oder Aufgaben zusammenfinden. Wo Christen soziale Dienste leisten, als Runde für pflegende Angehörige zum Beispiel, als Gruppen zur Kinderbetreuung, wo eine Pfarrbibliothek ein Treffpunkt sein kann, oder wo eine „SelbA“-Runde für ältere Menschen besteht. Solche Biotope sind wichtig, aber sie brauchen eine Integrationsstruktur. Diese sehe ich in der Pfarre.
Am 3. März 2007 haben der Pastoralrat, der Priesterrat und die Dechantenkonferenz in der Diözese Linz zusammen mit der Diözesanleitung den Prozess „Den Wandel gestalten“ beraten und beschlossen. Die KirchenZeitung wird in den kommenden Wochen Kernthemen dieses Prozesses dastellen – und lädt ein: Schreiben Sie uns Ihre Wünsche und Anregungen: Was ist Ihnen an der Kirche wertvoll? Worin liegt Ihre Hoffnung? Welche Sorgen haben Sie?
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