Die junge Modeschöpferin Amelie Jäger holte sich an einem ungewöhnlichen Ort Anregungen für ihre Arbeit: sie ging zu Karmelitinnen und ließ sich von deren Ordenstracht inspirieren. Mit Erfolg. Ihre Kreationen erregen große Aufmerksamkeit.
Die Nachwuchsdesignerin Amelie Jäger hat schon nach kurzer Zeit, als sie bei den Karmelitinnen in Berlin wohnte, gespürt, dass das Ordensgewand etwas ganz anderes als eine Uniform ist: „Der Habit hilft, bei sich selbst zu wohnen, bei sich selbst zu Hause zu sein und ist wie ein Schutz.“ Dem kann Sr. Anna Pointinger nur zustimmen. Als Marienschwester lebt sie in der Tradition des Karmel. „In Gott zu Hause sein“ ist eine Kurzfassung der Spiritualität des Karmel und für Sr. Anna der Schlüssel zur Bedeutung des Habits. „Darum haben wir Marienschwestern auch einen intensiven Bezug zu unserem Ordenskleid.“
Mit Andacht. Man streift sich in der Früh nicht einfach rasch die Ordenstracht über, sondern mit dem Anziehen jedes einzelnen Gewandstücks sind kurze Gebete verbunden. In alten Gebräuchebüchern der Marienschwestern findet man noch die vorgeschriebenen Formeln, heute beten die Schwestern frei. So spricht Sr. Anna beim Anziehen der Tunika (des „Kleidteils“) „Bekleide mich mit den Gewändern des Heils“. Ihr geht es darum, schon beim Aufstehen mit Gott in Kontakt zu kommen, von dem Segen ausgeht, erklärt sie.
Wie ein Schutzmantel. Über die Tunika kommt das Skapulier, ein Überwurf, der sich aus der Schürze entwickelt und im Karmel eine besondere Bedeutung gewonnen hat. „Für uns ist das Skapulier das Kleid der Muttergottes und wie ein Schutzschild oder Schutzmantel“. Darum setzen sich die Karmelitinnen auch nicht auf das Skapulier. Mit einer für „nicht Eingeweihte“ kaum merkbaren Handbewegung schieben die Schwestern das Skapulier zur Seite. Mit den Worten „Maria, Königin und Zierde des Karmel, bitte für mich“ legt Sr. Anna das Skapulier an. Ein lederner Gürtel, ein weißer Halskragen und der Schleier vervollständigen die Ordenstracht der Marienschwestern.
Gegen das Mode-Diktat. Ein Ordenskleid stellt den Beruf einer Modeschöpferin fundamental in Frage, aber gerade das hat Amelie Jäger fasziniert: „Ein Habit ist nicht dem Diktat der Mode unterworfen. Er bleibt gleich, und das hat für mich mit Stillstand und Andacht zu tun.“ Auch für Sr. Anna, die das im Alltag an sich selbst erlebt: „Wenn man von der Hektik der Arbeit kommt, man setzt sich nieder und verschränkt die Hände unter dem Skapulier – da findet man im vertrauten Kleid Ruhe.“ Bleibt noch das Problem mit der braunen Farbe ihres Ordenskleids. Da Braun selten Modefarbe ist, ist Sr. Anna die meiste Zeit ihres Lebens farblich unmodern gekleidet. Doch das entlockt ihr bloß ein Schmunzeln. „Ich trage das Ordenskleid gern und bemühe mich, immer mehr hineinzuwachsen – bei mir selbst und bei Gott zu Hause zu sein.“
Viel Applaus erhielten in Berlin und am Laufsteg beim Katholikentag in Osnabrück die Kreationen der Nachwuchsdesignerin Amelie Jäger. Die junge Modeschöpferin hat sich bei ihrer Arbeit an der Ordenstracht der Karmelitinnen orientiert.
Sr. Anna Pointinger aus Linz ist von der Idee der Modeschöpferin beeindruckt, Kleider zu machen, die die Bedeutung einer Ordenstracht widerspiegeln. Die Marienschwester trägt mit Überzeugung ihren Ordenshabit, weil er für sie ein Zeichen ihrer Beziehung zu Gott ist. Sie macht aber keine Ideologie daraus: „Für andere Ordensfrauen besteht die Zeichenhaftigkeit gerade darin, dass sie sich nicht von den Menschen unterscheiden, mit denen sie zusammenarbeiten.“