Nicht alles, was glänzt, ist auch Gold. Die Alltagsweisheit bleibt wahr und gilt auch für manche der wunderschönen Kostbarkeiten, die seit Sommeranfang in der Feldkircher Johanniterkirche und im Bregenzer Landesmuseum im Rahmen der Sommerausstellung des Vorarlberger Landesmuseums zu sehen sind.
An die 20 Jahre hat es gedauert, bis Dr. Tobias Natter, der Leiter des Vorarlberger Landesmuseums, über New York, Tokio und Wien wieder in heimatliche Gefilde zurückkehrte. Ein Gutteil der geistlichen und weltlichen Preziosen, die er für „Gold“ aus der Europaregion um den Bodensee (Süddeutschland, Ostschweiz, Vorarlberg) zusammengetragen hat, waren weitaus länger abwesend. Dass sie nun aus allernächster Nähe bestaunt werden können, hat auch mit dem 40. Jahrestag der Errichtung der Diözese Feldkirch (8. Dezember 1968) zu tun. Generalvikar Dr. Benno Elbs und der Abt der Klosters Mehrerau, Dr. Kassian Lauterer, haben beigetragen, dass so manches diözesane ,Schatzkästlein‘ in Chur, St. Gallen oder Konstanz sich aufgetan hat und selten zu sehende Kostbarkeiten mittelalterlicher Schatzkunst – darunter Objekte von Weltrang, einmalige Raritäten – für die heurige Sommerausstellung bereitgestellt worden sind.
Die Faszination des Goldes soll die Besucher/innen umfangen. Die Aura des Goldes, sein ,unermesslicher‘ Wert schillert zwischen himmlischer Güte und höllischer Gier. Der alles menschliche Maß übersteigende Wert, das Göttliche, Heilige, Heilsame des unendlich Unsagbaren, findet sich so seit Menschengedenken im stillen, schweigsamen Glanz des Goldes. So sind die Sicherheitsvorkehrungen so bemerkenswert, wie es die Ausstellungsarchitektur ist. Die Räume sind vom Vorarlberger Architektenduo Baumschlager/Eberle – besonders die Feldkircher Johanniterkirche – künstlerisch in den Dienst der „Sache“ genommen und gestaltet worden. Souverän, elegant und irgendwie spektakulär – in jeder Hinsicht angemessen.
Einzigartige Kleinodien aus dem Vorarlberger Kirchenbesitz spiegeln den Glanz mittelalterlicher Spiritualität in Form von Monstranzen, Reliquiaren oder Kelchen bis ins Heute. Jedes Stück für sich eine rare Schönheit, Meisterwerke des Kunsthandwerkes und der Kunst der Zeit, jedes für sich erdacht und gestaltet, dem Glanz des unverdienten ewigen Heiles, der göttlicher Gnade angemessen Ausdruck, Kraft und Wertschätzung zu verleihen. Aber auch der Kraft menschlichen Glaubens, Hoffens und Liebens, wie wohl auch allem damit verbundenen Schmerz, sind so Zeiten gesetzt worden, so zeitlos wie die menschliche Leidenschaft für das Symbol. Das ist interessant.
1000 Jahre Goldschmiedekunst im Bodenseeraum (vom 6. bis ins 16. Jahrhundert) sind in den Räumlichkeiten des Bregenzer Museums präsentiert. Nicht die Masse, sondern die Klasse zählt und verdient die Aufmerksamkeit der Betrachter/innen. „Gold“ lässt erspüren, was kostbar ist über alle materiellen Werte hindurch und über sie hinaus. Kunst und Handwerk materialisieren die über die Zeiten anhaltende, tiefe Wirksamkeit des Christentums und der Kirche. Das macht staunen.
Den Blick auf diese Schönheiten hinzulenken sei zentrale Absicht der Schau, erläutert Dr. Natter. Die Besuchsfrequenz bestätigt diesen Ansatz, worüber man sich bei der Diözese genau so freut wie bei der Stadt Feldkirch. Ist die Ausstellung doch, wie Generalvikar Dr. Elbs meint, ein „beachtliches und schönes Zeichen des Zusammenwirkens von Kultur und Kirche“ – sowohl durch die Jahrtausende bis in die Gegenwart.
Schatzkunst zwischen Bodensee und Chur
Die Sommerausstellung des Vorarlberger Landesmuseums 2008 (in Kooperation mit der Diözese und der Stadt Feldkirch) ist noch bis 5. Oktober zu sehen.
Im Mittelpunkt stehen erlesene Werke der Goldschmiedekunst, darunter Objekte von Weltrang. Die Ausstellung zeigt erstmals eine umfassende Zusammenstellung von Kirchenschätzen aus der reichen Kulturlandschaft der Region. Sie bietet vielseitige Ansatzpunkte im Bereich der Kirchen- und Heiligengeschichte, setzt aber auch Schwerpunkte auf die weltliche Faszination des Goldes, auf das Stiftungswesen und die Arbeit der mittelalterlichen Kunsthandwerker.
Mehr als 90 Werke spannen einen Bogen von der frühen Christianisierung des Landes bis zu den Reformationskriegen und dem Ende des Mittelalters um 1500. Die Ausstellung ist in zehn Kapitel gegliedert und macht die Einzigartigkeit der gezeigten Werke lebendig.
Schau an zwei Orten Die Ausstellung findet nicht nur im Vorarlberger Landesmuseum statt, sondern auch in der Johanniterkirche in Feldkirch, mitten im Zentrum der vielleicht schönsten mittelalterlichen Stadt in Vorarlberg. Während das Landesmuseum in Bregenz einen Überblick zeigt, sind in der 1218 gestifteten Johanniterkirche vor allem Werke aus Vorarlberger Kirchenbesitz zu sehen. Beide Orte feiern gemeinsam tausend Jahre Gold und Faszination Mittelalter.