Kräuterbäuerin Gertrude Messner lebt im Brandenbergtal. Dieses Tal ist wie ein Schlupfloch, und wie bei allen Schlupflöchern finden nur wenige hinein. Wer einmal drinnen ist, will so schnell nicht wieder heraus. Kein Wunder! Das kleine Seitental des Tiroler Inntales besticht durch eine sanfte Berglandschaft voller Naturschönheiten.
Jeden Tag, schon kurz nach dem Aufstehen, treibt es Kräuterbäuerin Gertrude Messner hinaus aus dem Bergbauernhof im Brandenbergtal. Es ist ungefähr halb sechs – „Urlaubszeit” nennt sie das. Denn die Kühe sind auf der Alm und da fällt die Stallarbeit flach. Mit „hinaus” meint Gertrude Messner das Grün vor der Haustür, die steilen Wiesen und Wälder. Sie geht – immer den Blick aufmerksam auf den Boden gerichtet. Einfach so vor sich hingehen kennt sie nicht. Zu viele wertvolle Kräuterschätze wachsen vor ihren Augen und warten darauf, gepflückt zu werden. Die Schätze, die sie auf ihrem morgendlichen Weg sucht, sind Spitzwegerich, Beifuß, Ananasminze und Kapuzinerkresse. Es sind die Zutaten für ihr morgendliches Müsli.
Die Nase am Boden. Kräuter sind Messners Apotheke vor der Haustür. Deswegen hat sie „beim Gehen die Nase nie oben am Himmel, sondern immer am Boden”, wie sie sagt. Bei den vielen Kilometern, die sie etwa bei der Heuarbeit über die Felder marschiert, hat sie kaum Zeit zum Verweilen. Aber selbst dann findet sie wertvolle Kräuter – „und dann nimm i was mit für die Pizza”. Vorbeigehen habe die Natur nicht verdient: „I sag immer, das ist die Belohnung vom Herrgott.” Wenn sie inmitten harter Arbeit einmal eine Ruhepause braucht, setzt sie sich gern zum Bankl am Teich. Und wenn sie dann auch noch am Waldrand kleine Erdbeeren sieht, dann ist das für sie einer jener „Momente, der die Seele überfließen lassen kann.” Überhaupt ist Gertrude Messner eine Freundin der Bankln. „Ich nehm’ mir bewusst Zeit, mit meinem Mann auf dem Hausbankl zu sitzen.” Beim Blick in die Berge und einem guten Gespräch bekomme sie viel Kraft. Das Sitzen auf der Hausbank ist für Messner etwas anderes als das Herumsitzen. „Wir achten sehr darauf, dass wir im Gespräch auch zu den wirklich wichtigen Themen kommen.“
Gesundheit ist Bewegung. Als Bergbäuerin macht Gertrude Messner nur selten Wanderungen oder Bergtouren. Einmal jährlich aber steht sie mit ihrem Mann und den sechs Kindern auf ihrem Hausberg, dem Heuberg – das Muttertagsgeschenk der Familie an die Mama. Von dort oben genießt sie den Weitblick und die Aussicht auf das Brandenbergtal, hinter dem westlich der 2300m hohe Kalkstock des Rofangebirges leuchtet. „Das Tal hat für mich die Geschlossenheit eines Bauches und übt große Geborgenheit aus”, meint Gertrude Messner.
Das Fensterbankl
Dass ein Leben mitten im Grünen nur auf dem Land oder einem Bauernhof möglich sei, glaubt Gertrude Messner nicht. „Dann muss man sich das Grüne eben in die eigenen vier Wände holen. Und das ist überall möglich.” Als Platz dafür biete sich das Fensterbankl an. In kleinen Töpfen könne man etwa Borretsch (weckt die Lebensgeister), Ananasminze (fruchtig und erfrischend, als Tee konsumiert, hat sie eine kräftig kühlende und erfrischende Wirkung) und Kapuzinerkresse (hat eine antibiotische Wirkung – etwa bei Grippe) setzen. Messner lädt ein, in weiten Möglichkeiten zu denken: „Ein Bekannter lebt im 6. Stock eines Hochhauses und baut dort Zucchini an. Sie wachsen zu den unteren Stockwerken herunter, und alle sind froh über die Zucchini, die vom Himmel kommen.”
Der Brennnesselwein
Die Grünkraft kann man auch trinken. Dazu eignet sich der Brennnesseelwein – besonders nach Krankheiten, um wieder schnell auf die Beine zu kommen. Die Zubereitung ist ganz einfach: eine Handvoll Brennnesselsamen (gibt es auch in Apotheken und Drogerien zu kaufen) mit 1 Liter Wein aufkochen. Etwas abkühlen lassen und mit Honig süßen. Danach im Kühlschrank aufbewahren. Stamperlweise trinken.
So komm ich hin ...
Das Brandenbergtal ist ein Seitental des Inntales. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist Brandenberg von der Bahnstation Brixlegg und von dort weiter mit dem Bus. Das Tal bietet reiche Wandermöglichkeiten und ist bekannt durch seine klare Luft (flechtenreiche Wälder).