Seit Generationen machen Frauen Paulus den Satz „… die Frauen sollen in der Gemeindeversammlung schweigen …“ (1 Kor 14, 34a) zum Vorwurf. Wissenschafter/innen haben aus den Paulustexten heraus längst nachgewiesen, dass Paulus selbst diesen Satz nicht verwendet haben kann, sondern dass er später an diese Stelle eingefügt worden ist. Trotzdem hält sich dieser Satz zäh in der Erinnerung und Frauen kämpfen bis heute um den ihren Begabungen und ihrer Berufung entsprechenden Platz in Gemeinde und Gottesdienst.
Gleichwertig. Wenn man die Briefe des Paulus liest, merkt man, dass Paulus sich klar zur Geschwisterlichkeit bekennt. In Christus hat der soziale Unterschied von männlich und weiblich seine Bedeutung verloren. Die Taufformel aus dem Galaterbrief (siehe Kasten rechts unten) überwindet entscheidende Konfliktpunkte: soziale und kulturelle Hierarchien zwischen Menschen und die unterschiedliche Bewertung von Mann und Frau..
Eine Sache der Berufung. Paulus hat in „seinen“ Gemeinden und auf seinen Missionsreisen selbstverständlich und unkompliziert mit Frauen zusammengearbeitet, und das auf dem Hintergrund einer patriarchalen Gesellschaft und Religion. Gemeinden zu leiten, als Diakon und Apostel zu wirken, ist bei Paulus eine Frage der Berufung und nicht des Geschlechts. .
Starke Frauen. In den Briefen des Paulus und in der Apostelgeschichte begegnen uns eine Reihe bedeutender Frauen:.
Phoebe: Sie ist Diakon der Gemeinde Kenchreä, einer der beiden Hafenstädte Korinths. In ihrem Haus hat sich die Gemeinde, für die sie die Verantwortung getragen hat und die sie geleitet hat, versammelt. Paulus anerkennt ihren beständigen und engagierten Dienst der Gemeindeleitung. (Römerbrief 16, 1–2) .
Lydia: Sie ist die erste Christin im Umfeld des Paulus auf europäischem Boden. Lydia ist Purpurhändlerin, also Unternehmerin, in Philippi. Gemeinsam mit den Mitgliedern ihres Haushalts ist sie von Paulus getauft worden. In ihrem Haus entstand wahrscheinlich der erste Missionsstützpunkt in Griechenland. (Apostelgeschichte 16, 14. 40).
Junia: Zusammen mit ihrem Mann Andronikus wird sie von Paulus als Apostel bezeichnet. So wie Paulus waren sie Juden und sie teilten das Los einer gemeinsamen Gefangenschaft. Paulus lobt Junia und ihren Mann als herausragend unter den Aposteln. Beide waren wichtige Persönlichkeiten in der christlichen Gemeinde Roms (Römerbrief 16, 7). Ab dem Mittelalter konnte man sich nicht mehr vorstellen, dass eine Frau als Apostel bezeichnet wird. Man veränderte Junias Namen in einen Männernamen, der bis heute in Bibelübersetzungen zu finden ist..
Priska: „Grüßt Priska und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus, die für mein Leben ihren Hals hingehalten haben …“ (Römerbrief 16, 3). Priska und ihr Mann Aquila versammelten eine Gemeinde in ihrem Haus in Ephesus, später in Rom, und gehörten zu den wichtigsten Mitarbeiter/innen des Paulus..
Paulus. Mensch und Apostel Jesu
Eine 5-teilige Reihe von Mag. Ingrid Leitner Mag. Margarita Paulus Mag. Peter Hausberger
Verwendete Literatur: Marlies Gielen, Paulus – Theologe und Seelsorger. Vorträge in Freising am 24. und 25. 1. 2008; Michael Theobald, Römerbrief Kapitel 12-16, SKK NT 6/2, Stuttgart 1993; Susanne Heine, Frauen der frühen Christenheit, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1986.
Söhne und Töchter Gottes
Denn alle seid ihr Söhne und Töchter Gottes durch den Glauben in Christus Jesus. Denn alle, die ihr auf Christus getauft worden seid, habt Christus angezogen. Da gibt es keinen Judäer und keinen Hellenen, keinen Sklaven und keinen Freien, es gibt nicht männlich und weiblich. Denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.