Ausgabe: 2008/18, Panzer, Bau, Voest, Watzinger, Göringwerke, Krieg
30.04.2008 - Ernst Gansinger
Vor 70 Jahren wurde mit dem Bau der Hermann-Göring-Werke in Linz, der nachmaligen VOEST, begonnen. Die Geschichte dieses Industriekonzerns beschreibt Diplomingenieur Karl Gebel in der Zeitschrift „Brennpunkt“. Und Leo Watzinger, Urgestein der VOEST-Betriebsseelsorge, erinnert sich an die harte Arbeit im Werk ab 1941.
„1938: Der Tod kommt nach Linz.“ – Diesen Titel wählte Dipl.-Ing. Karl Gebel für seinen Beitrag in der Zeitschrift „Brennpunkt“ der VOEST-Betriebsseelsorge über die Gründung der Hermann-Göring-Werke in Linz (später: VOEST).
Schlimme Behandlung. Wie Gebel gehört Leo Watzinger, Jahrgang 1926, zur „VOEST-Pfarre“, die heute „Treffpunkt Mensch & Arbeit Standort Voestalpine“ heißt. Watzinger kam am 21. September 1941 als Laufbursch in die Hermann-Göring-Werke. Dann wurde er Schweißer in der Kokerei. „Menschenmassen haben gearbeitet“, erinnert er sich, unter ihnen viele Häftlinge – Italiener, Tschechen, Bulgaren ... Die Vorgesetzten waren extrem grob. „Hund, wir schmeißen dich in den Maischekessel und machen Seife aus dir!“ ...
Panzer-Produktionsverbund. Vor 70 Jahren, am 13. Mai 1938, war der Spatenstich für die Hermann-Göring-Werke in Linz. Karl Gebel betont, dass die Reichswerke Hermann Göring Linz sowie die Eisenwerke Oberdonau-Linz, das Nibelungenwerk St. Valentin (getarnt als OKH Spielwarenfabrik) und das KZ Mauthausen mit seinen Außenlagern den größten Panzerproduktionsverbund des Großdeutschen Reiches darstellten. Das KZ Mauthausen war das einzige Konzentrationslager der Kategorie 3, was „Vernichtung durch Arbeit“ bedeutete. Die Göring-Werke waren Teil dieser „Philosophie“. Etwa 20.000 Menschen arbeiteten hier, viele unter Zwang. Wöchentlich schufteten sie 60 Stunden, Zwangsarbeiter mussten 66 bis 72 Stunden arbeiten. Bis 1944 – vier der sechs Hochöfen waren in Betrieb – wurden 1,5 Millionen Tonen Roheisen produziert.
Schleppen und wieder schleppen. „Der Glaube an den Sieg ist stärker denn je“ – an diese Parole kann sich Leo Watzinger noch gut erinnern. Sie wurde ausgegeben, als Stalingrad gefallen war. Die Arbeiter der Hermann-Göring Werke haben in Baracken gewohnt. Als Italien kapituliert hat, hat auch die Hitlerjugend des Werkes die Quartiere der Italiener umstellen müssen. Um 2 Uhr früh sind die SA und viele andere angerückt. Watzingers Erinnerung an die Kriegsjahre fasst er mit „geschunden, gearbeitet, gerackert“ zusammen. Das hat auch nach dem Krieg nicht aufgehört: „Brecherringe, Rollenrostwellen, Gasflaschen, Kokssiebe, alles mussten wir schleppen und wieder schleppen!“
Nach dem Krieg. Bis zum April 1944 wurden vier der sechs Hochöfen in Betrieb gesetzt, berichtet Karl Gebel (Bild). 8500 Deportierte und Kriegsgefangene sowie 6400 Häftlinge aus dem KZ Mauthausen, die seit 1943 direkt am Werksgelände untergebracht waren, haben dafür unter unvorstellbaren Bedingungen geschuftet. Watzinger kam 1943 nach Oberschlesien zur Montage, dann nach Westdeutschland. Am 15. Mai 1946 hat er wieder im Werk begonnen, in der VOEST. Die Arbeit war nach wie vor hart. Erst mit jungen Ingenieuren in den frühen 70er-Jahren „ist dann auch die gute Zeit für uns angebrochen“. Stapler und andere entlastende Maschinen wurden angeschafft.
Die ersten Jahre
- 13. Mai 1938. Generalfeldmarschall Göring nimmt den Spatenstich zum Bau der Hermann-Göring-Werke Linz vor. - 12. März 1941. In den Eisenwerken Oberdonau wird die Panzerproduktion begonnen. Die Panzer werden im Nibelungenwerk St. Valentin montiert. - 15. Oktober 1941. Der erste Hochofen wird angeblasen. - 31. Dezember 1943. Die Eisenwerke sind die größte Produktionsstätte von Komponenten für schwere Kampfpanzer im Reich. - 25. Juli 1944. Erster Bombenangriff auf Linz. 1600 Sprengbomben werden abgeworfen. - 1. September 1944. Die wöchtentliche Arbeitszeit wird von 54 auf 60 Stunden erhöht. - 1. November 1944. Schwerer Luftangriff auf das Werk. - 16. Jänner 1946. Das Werk erhält ein neues Logo: „VÖEST“ - Leo Watzinger erinnert sich: „1946 haben wir notdürftig repariert, was zerstört war. Stellenweise gab es kein Licht, wir benutzten Karbid-Lampen. Vor allem Muskelkraft war gefragt.“ - Quelle: Geschichteclub Stahl;www.geschichteclubstahl.at
Die Panzerproduktion lief auf Hochtouren. Im Nibelungenwerk St. Valentin wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 4350 Stück der insgesamt 8200 „Panzer IV“ hergestellt.