Uber Schönheit, Humor und einen Gott, der auch auf krummen Zeilen gerade schreibt
Die Frau fühlt sich nicht wohl. Der Mann ruft den Arzt. Der Doktor kommt, fühlt ihren Puls, setzt das Hörrohr auf, horcht sie ab und misst ihr das Fieber. – „Hören Sie“, sagt er zum Ehemann, nachdem er den Gesundheitszustand der Frau untersucht hat: „Ihre Frau gefällt mir nicht.“ Darauf der Mann ganz empört: „Also bitte, Herr Doktor! Die Ihre ist auch nicht gerade ein Ausbund an Schönheit.“
„Politik ist keine Schönheitskonkurrenz“, hat Bruno Kreisky einmal gesagt. Der langjährige österreichische Bundeskanzler hatte dabei die typisch amerikanische Art im Auge, bei Wahlkampfveranstaltungen darauf zu achten, dass die Politiker von der Optik her eine möglichst gute Figur machen, mögen die Inhalte ihres Wahlprogramms auch noch so unansehnlich und mickrig sein.
Was von der Politik gilt, gilt – wie so oft – auch von der Kirche. Wenn es um die Wahrheit oder um sonstige ewige Werte geht, dann darf das äußere Erscheinungsbild keine Rolle spielen. Der Bischof mit dem tolleren Outfit ist nicht unbedingt der bessere Bischof, und der schönere Papst nicht der bessere Pontifex. Von Papst Johannes XXIII. wird erzählt, dass er sich über sein Erscheinungsbild durchaus humorvoll äußern konnte. Sein Humor war überhaupt eine der Gaben, die diesem Mann auf dem mit soviel Ernst umgebenen Stuhl Petri die Herzen der Menschen öffneten, weit über den Kreis der Kirche hinaus. Einmal wurde er von Journalisten gefragt: „Wie viele Leute arbeiten denn eigentlich im Vatikan?“ – Die Antwort des Chefs: „Ich hoffe, die Hälfte.“
Spätestens seit dem öffentlichen Schuldbekenntnis von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 haben wir es amtlich. Immerhin hat es sogar ein Papst – also der ranghöchste Mann in der römisch-katholischen Kirche und eigenem Verständnis zufolge Amtsnachfolger einer Reihe von heiligmäßigen, aber eben auch mäßig heiligen Persönlichkeiten auf dem Stuhl Petri – für notwendig erachtet, für die Sünden, die die Kirche im Lauf der Geschichte begangen hat, um Vergebung zu bitten. Eines steht fest: Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade. In diesem Punkt sind sich die Verteidiger und die Gegner der Kirche völlig einig. Nur empfinden es die einen ärgerlich und die anderen tröstlich, dass es so ist. Die Unfrommen ärgern sich grün und blau, und die Frommen freuen sich über diese „göttliche Fähigkeit“, die menschliche Rechnung und Berechnung übersteigt.
Ein evangelischer Pfarrer namens Johann Gottfried Lessing (1693–1770) war nicht nur der Vater eines prominenten Dichters, sondern wurde hin und wieder selber von der Muse geküsst. Einem dieser glücklichen Momente verdanken wir die folgenden, keineswegs krummen Zeilen. Sie stammen aus dem Lied „Mein lieber Gott soll walten“, das er zum Thema Brotvermehrung verfasst hat und später in einem Gesangbuch mit dem Titel „Sonderbare Hausandacht“ veröffentlichte. „Andreas hat gefehlet, / Philippus falsch gezählet, / sie rechnen wie ein Kind. / Mein Jesus kann addieren / und kann multiplizieren / auch da, wo lauter Nullen sind.“
- Buchtipp. Josef Dirnbeck: Gott lacht. Ein fröhlicher Crashkurs des christlichen Glaubens. Pattloch-Verlag, München 2006. 12,90 Euro