16 Jahre jung und bereits Mutter. Seit kurzem wohnt Madeleine mit ihrer acht Monate alten Tochter in der Wohngruppe Jugendfamilie im Jugendwohnheim Wegscheid. Sie erzählt über die Reaktionen von Familie und Freund und ihre momentane Situation.
Es ist ein heller, freundlicher Raum, eine Wand ist bemalt mit einem Baum, bunten Blumen, ein Igel und ein Froschkönig lachen von dem Bild. In der Mitte an einem runden Tisch sitzt Madeleine. Sie schaut aus wie 18, wirkt sehr reif und erwachsen, dabei ist sie aber erst 16. Seit ein paar Wochen wohnt sie mit ihrer acht Monate alten Tochter Saskia in der Wohngruppe Jugendfamilie im Jugendwohnheim Wegscheid. Geplant hatte sie das Kind nicht. „Ich habe mir aber schon gut vorstellen können, eines zu bekommen. Mit Kindern habe ich mich immer schon wohlgefühlt, da ich selber drei kleinere Geschwister habe“, erzählt Madeleine.
Oma mit 34 Jahren. Ihre Mutter war 18 Jahre, als sie Madeleine bekam. Mit 34 Jahren ist sie nun Oma geworden. „Am Anfang hab ich schon geglaubt, sie reißt mir den Kopf ab, als ich ihr erzählt hab, dass ich schwanger bin. Sie war aber voll locker und hat mich dann gut unterstützt“, erzählt Madeleine. Dennoch: Noch zuhause bei ihrer Familie zu wohnen, kann sie sich nicht vorstellen. Zu viele Probleme hat es in der Vergangenheit gegeben. In der Pubertät wurden die Schwierigkeiten immer mehr. Bald war sie fast nur noch bei ihrem Freund. „Bei ihm bin ich untergetaucht“, sagt Madeleine. Mit 15 wurde sie schwanger. Nach ein paar Monaten in einer Wohngemeinschaft, kamen sie und ihre Tochter schließlich über Vermittlung einer Sozialarbeiterin in die Wohngruppe Jugendfamilie.
Suche nach einem Lehrplatz. Zur Zeit sucht Madeleine nach einem Lehrplatz. Ihr Traumberuf wäre Köchin oder Kellnerin, wo sie sich aber kaum Chancen ausrechnet. Deswegen strebt sie eine Bäckerlehre an. „Das wird aber sicher auch gut passen“, ist sie zuversichtlich.
Freund bekam kalte Füße. Abtreibung war für Madeleine kein Thema. „Ich wollte das Kind auf jeden Fall haben“, sagt sie. Wie sich andere Frauen entscheiden – für oder gegen ein Kind – da mische sie sich aber nicht ein. „Ich habe schon selber genug Entscheidungen zu treffen“, meint die junge Frau. Viele hat sie schon ohne Partner treffen müssen. Ihr Freund bekam bald nach der Geburt kalte Füße. Nach einer kurzen Trennungsphase sind die beiden mittlerweile aber wieder ein Paar. „Es braucht aber noch ein bisschen Zeit, damit ich ihm wieder voll vertrauen kann“, sagt Madeleine. Für Ihren Freund ist es relativ schwierig, sie zu besuchen. Er muss mehr als 80 Kilometer zum Heim pendeln. So sieht er Freundin und Kind nur ab und zu. „Manchmal beneide ich ihn schon. Er kann kommen und gehen wann er will. Aber gleichzeitig weiß ich, was ich mit meiner kleinen Tochter Saskia hab, hat er nicht“, betont Madeleine.
Alltag bewältigen. Für Mutter und Kind ist in der Wohngruppe gut gesorgt. „Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt Madeleine. Ein Team von fünf Betreuern und eine Haushälterin helfen den Teenager-Müttern, den Spagat zwischen Ausbildung und Kinderbetreuung zu bewältigen. Die jungen Mütter können mit ihren Kindern bis zum Ende ihrer Ausbildung bleiben. Insgesamt gibt es fünf voneinander abgetrennte Wohnungen. Platz ist auch für Väter, was eher selten genutzt wird.
Ruhe bewahren. „Irgendwie kann ich es immer noch nicht glauben, dass ich ein Kind habe, aber es muss wahr sein, immerhin ist Saskia schon acht Monate alt.“ Madeleine lacht. Sie nimmt Saskia raus aus der Gehschule und setzt sie auf ihren Schoß. Das Kind stößt auf und spuckt auf den Tisch. Die junge Mutter bleibt ruhig, auch dann, als kurz darauf der 15 Monate alte David, auf den sie für eine Mitbewohnerin aufpasst, zu schreien beginnt.
Mit dem Kind überfordert. Dass diese Ruhe nicht bei allen Mädchen da ist, weiß Karin Gündisch, Sozialpädagogin und Gruppenleiterin. „Viele Mädchen sind genervt, wenn ihre Babys schreien, und sind vom Alltag mit Kind sehr überfordert“, meint Karin Gündisch. Die Freude über die bedingungslose Liebe der Kinder kann so schnell umschlagen. Mangelnde Aufklärung ist nicht der alleinige Hauptgrund, wieso die Mädchen schon so jung schwanger wurden: „Die Kinder sind für die Mädchen zum Teil ein Ausgleich für ihre eigene schwere Kindheit. Sie wollen Liebe, die sie selber nicht bekommen haben.“
Jugendfamilie
Die Gruppe Jugendfamilie ist Teil des Jugendwohnheims Wegscheid, im Süden von Linz. Die Frauen, die bis zum Ende ihrer Ausbildung bleiben können, werden von der Jugendwohlfahrt in das Heim vermittelt. Die Rund-um-die-Uhr-Betreuung ermöglicht ihnen den Abschluss einer Schule oder Lehre, damit sie später selbstständig für sich und ihr Kind sorgen können. Fünf abgeschlossene Wohneinheiten stehen zur Verfügung: für die Mütter, deren Kinder, aber auch die Väter. „Wir wollen die Familie als ganzes sehen. Seit gut fünf Jahren können die Väter bzw. momentanen Freunde deshalb ebenfalls einziehen“, sagt die Gruppenleiterin Karin Gündisch. Dass die Väter einer Arbeit nachgehen ist Voraussetzung, damit sie hier wohnen dürfen. Tatsächlich kommt es aber eher selten vor, das sie mit einziehen. „Als Teenager Kind und Partnerschaft unter einen Hut zu bekommen, ist eben sehr schwierig. In diesem Alter hat man eigentlich andere Bedürfnisse“, so die Sozialpädagogin Gündisch.
- Tag des Lebens am 1. Juni1. Juni ist der Tag des Lebens. Die Barmherzigen Schwestern in Linz haben im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen von 10 bis 24 Uhr gemeinsam mit der Aktion Leben ein Programm zum Thema: „Dem Leben auf der Spur“ gestaltet.