Taizé ist ein Ort spiritueller Begegnung. Auch jetzt im Winter kommen vor allem junge Menschen zum geistlichen Austausch nach Taizé. Foto: Vorarlberger Kirchenblatt
Brüder von Taizé begleiten KirchenZeitungsleser/innen durch die Fastenzeit. Die KirchenZeitung gibt es in der Fastenzeit kostenlos zum Kennenlernen.
Seit fast fünf Jahrzehnten kommen vor allem junge Menschen nach Taizé im französischen Burgund, um gemeinsam mit den „Brüdern von Taizé“ zu den Quellen des Glaubens zu finden. Hunderttausende sind schon dort gewesen. Das einfache Leben von Taizé schenkt Kraft und Orientierung für das Leben daheim.
Viele können nicht persönlich nach Taizé reisen. Die österreichischen Kirchenzeitungen bringen Taizé nach Hause. Brüder von Taizé begleiten in der KirchenZeitung unter dem Titel „Einfach leben“ durch die Fastenzeit. Wähend dieser Reihe kann die KirchenZeitung gratis bezogen werden. Eine bewusstere Gestaltung der Fastenzeit und die Vorbereitung auf Ostern soll im Sinn des heurigen Diözesanschwerpunktes „aufdanken“ für viele Menschen möglich werden.
In der Mitte ist viel Platz
Es ist zurzeit sehr ruhig in Taizé. Und es kann ziemlich kalt sein. An die 100 nicht nur junge Leute aus europäischen Ländern und aus Übersee halten sich auf dem Hügel auf. Der alljährliche Brüderrat versammelte die in aller Welt lebenden Mitglieder der ökumenischen Geimeinschaft in Taizé. Zum ersten Mal ohne ihren Gründer Frère Roger.
WALTER BUDER (Text) / RAINER JURIATTI (Fotos)
In Taizé wird gebaut. Auf dem Platz zwischen dem Glockenturm und der Versöhnungskirche sind Arbeiter am Werk, Fundamente werden gelegt, und die Bagger machen ungewohnten Lärm. Aber die schwache Hundertschaft von mehr oder weniger jungen Leuten aus Europa und Übersee kann das in ihrem Tagesablauf nicht stören. Denn – wie immer schon – ist der bestimmt durch die Gebetszeiten. Morgens, am Mittag und abends versammelt sich die kleine Gemeinde mit den Brüdern der Communauté in der Versöhnungskirche. In Taizé wird gebaut – auch und besonders an den Beziehungen der Menschen untereinander, an einer „neuen“ und „anderen“ Welt.
Begegnen und verstehen
Wir haben Glück. Eine Begegnung mit Frère Alois ist geplant und zwar in der Krypta der Versöhnungskirche. Gegen 20 Uhr. Die jungen und einige nicht mehr ganz so junge Menschen treffen sich, und dann kommt der Prior. Ein Bruder begleitet ihn, er wird übersetzen. Aus dem Polnischen und ins Polnische. Ansonsten verständigt man sich in Englisch. Der Prior bildet mit den Anwesenden einen Kreis, lädt die Eintreffenden ein: „Come here, there is a lot of place in the middle“ (Kommen Sie, in der Mitte ist viel Platz). Als alle eingerichtet sind, die Begrüßungsworte gesprochen, stellt ein junger Mann aus Polen seine Frage: „Wird Frère Roger bald selig gesprochen?“
Gemeinschaft der Heiligen
Ein ernster Frère Alois antwortet sofort: „Der Tod von Frère Roger ist noch immer ein Schock“, beginnt er und erzählt von der Kraft, der Energie Frère Rogers und seiner unnachahmlichen Spontaneität und Tatkraft. Dann lächelt er: „Das ist eine sehr, sehr schwere Frage“ und nutzt die Gelegenheit, zu erkären, wie die Brüder diese Dinge sehen: „Wir glauben an die Gemeinschaft der Heiligen“, nimmt der Prior den Faden auf, „und wir glauben auch – und sind überzeugt(!), dass Frère Roger in diese Gemeinschaft aufgenommen ist und dort lebt.“ Voller Verständnis für die Frage und den Fragenden, aber auch um Verständnis für seinen Standpunkt werbend, setzt er – lächelnd – hinzu: „That’s enough“ – für uns reicht das.
Frère Rogers Vermächtnis
„Seit acht Jahren“, erklärt uns Frère Andreas anderntags, „war der Brüderrat mit dem Nachfolger Frère Rogers vertraut.“ Und die Gemeinschaft hatte mit dem spirituellen Stil und der Vision des Gründers leben gelernt. So sei eine kontinuierliche und gedeihliche Entwicklung grundgelegt worden, und das Mailänder Treffen brachte ja das Vermächtnis von Frère Roger aus Taizé für die Öffentlichkeit.
Der unvollendete Brief
In einem „unvollendeten Brief“ haben die Brüder die Gedanken Frère Rogers aus den letzten Wochen vor seinem gewaltsamen Tod zusammengestellt. Frère Alois überliefert in seinem Vorwort dazu auch das „letzte Wort“ Frère Rogers: „Am Nachmittag seines Todestages, am 16. August, rief Frère Roger einen Bruder und sagte zu ihm: ,Schreibe diese Worte auf!‘ Frère Roger schwieg lange (. . .) und dann begann er: ,In dem Maße, in dem unsere Communauté in der Menschheitsfamilie Möglichkeiten schafft, ... auszuweiten . . .‘. Hier brach er ab, er war zu müde, den Satz zu beenden“, schreibt Frère Alois in der Einleitung und meint weiter: „Er ist wie ein letztes Wort Frère Rogers, das uns hilft, auf dem Weg weiterzugehen, auf dem Gott ,unseren Schritten weiten Raum gibt‘ (Psalm 18, 37).“
Sich öffnen für die Gegenwart Gottes
Die abendliche Begegnung mit Frère Alois in der Krypta der Versöhnungskirche macht klar, dass die Gemeinschaft von Taizé nichts von der Inspiration ihres Gründers aufgegeben oder zurückgelassen hat. In den Anfangszeiten Taizés und auch später hatte Frère Roger immer wieder Brüder in die Krisenregionen der damaligen Welt geschickt. „Wir wussten nicht, was wir tun sollten“, erzählt Frère Alois aus den Anfängen, „aber es ist wichtig, sagte Frère Roger, dass wir hingehen.“ Und wie es aussieht, wird Frère Alois diese Richtung nicht ändern. Im Gegenteil! Ein großes Treffen wird für Oktober in Kalkutta vorbereitet und in der kommenden Woche besucht er seine Brüder in Brasilien. Die Besuchsreisen der Brüder und die damit verbundenen Erfahrungen bringen immer wieder die Erkenntnis zu Tage, „dass die Liebe Gottes ausnahmslos allen Menschen und allen Völkern gilt“. Doch der Gedanke führt entschieden weiter: „Ja, das Ausweiten beginnt bei uns selbst. Unser Herz weitet sich, wenn wir den Menschen um uns die liebevolle Aufmerksamkeit schenken.“
Das Leben „einfach“ ausweiten
Spätestens in der Zeit auf Ostern zu werden wieder viele Menschen nach Taizé kommen, um diese Erfahrung in Gemeinschaft zu machen. „Entdecken, wer ich in den Augen Gottes bin“, so bringt Frère Andreas seine persönliche Taizé-Erfahrung auf den Punkt. Und in der einen oder anderen Weise ist es auch die Erfahrung vieler anderer. Die Quellen des Glaubens und der Hl. Schrift finden und das Leben in Gebet und Austausch ausweiten, ist eine Frage, die weit in das Persönliche gehen kann: „Wer den ,unvollendeten Brief‘ liest (. . .) kann sich fragen, wie er ihn mit dem eigenen Leben fertig schreiben kann.“
Ein Weg der Entdeckung
Eine achtteilige Serie von Gedanken Frère Rogers und der Brüder begleitet Sie, die Leser/innen, durch die Fastenzeit. Eine Einladung, den Weg des Vertrauens und der Herzensgüte einzuschlagen und zu entdecken, dass Gott die Liebe ist. Im Verzeihen, im Gebet, in Anfechtung und Vertrauen, in Solidarität und Frieden, im Loslassen und in der Hoffnung findet das alltägliche Leben sich in einem weiten Horizont. „Die Fastenzeit“, meinte Frère Andreas, „ist für uns ein Weg des Lichtes, ein Weg des Freiwerdens und der Entdeckung der Liebe Gottes in unserem Leben.“
ZUR SACHE
„Ausweiten . . .“
Den „Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde“ hat Frère Roger aus Taizé vor 25 Jahren begonnen. Er begleitete in dieser Weise Jugendliche aus aller Welt, bestärkte ihre Hoffnung und tröstete auch viele. Er tat dies in großer Einfachheit. Der gewaltsame Tod am 16. August 2005 schockierte die Welt und seine Brüder in Taizé. Im „unvollendeten Brief“ sind seine letzten Gedanken versammelt. Sie offenbaren die Güte und die Leidenschaft, die diesen Mann bewegte, allen Völkern und jedem Menschen die Liebe Gottes zuzusagen. Aus ihr wächst tragfähiges Vertrauen. Die Brüder von Taizé begleiten und inspirieren die Fastenzeit der KirchenZeitungs-Leser/innen in acht Folgen. Warum sie das tun? „Wir möchten unsere eigenen Erfahrungen einfach mit ihnen teilen“, sagt Frère Andreas.
www.taize.fr
Mit diesem E-Mail können Sie die KirchenZeitung für die gesamte Fastenzeit 2006 einem Menschen zukommen lassen, dem Sie nähere Bekanntschaft mit der KirchenZeitung wünschen - mit einer Zeitung, die auch an die guten Kräfte im Menschen glaubt. Weder Sie noch die neuen Bezieher gehen mit Ihrer Empfehlung eine Verpflichtung ein. Nach der Fastenzeit wird die Zusendung automatisch eingestellt. Es sei denn, dass wir die neuen Leserinnen und Leser überzeugen konnten, sich länger von der KirchenZeitung begleiten zu lassen.