Ein Papst im Megaplexx: Der Film „Johannes XXIII. – Für eine Welt in Frieden“ bringt ein kirchliches Thema in die Welt der Medien. Die Filmkritiken fielen mit Titeln wie „Heiligkeit zum Heulen“ oder „Rührselig, frömmelnd“ bislang recht bescheiden aus.
Johannes XIII. ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts und hat daher schon mehrfach Filmregisseure zu einer Auseinandersetzung mit seinem Wirken angeregt. Am besten ist dies sicherlich Ermanno Olmi 1965 mit „Und es kam ein Mensch“ gelungen, in dem gerade ein Hollywoodstar es interessanterweise schafft, die tiefe Gläubigkeit eines einfachen aus dem bäuerlichen Milieu stammenden Menschen zu transportieren. Jegliche Glorifizierung wird dabei tunlichst vermieden.
Fernsehfilm fürs Kino gekürzt. Nun ist in unseren Kinos ein nicht mehr ganz neuer Film über den „guten Papst“, wie ihn die Gläubigen nannten und wie der Originaltitel im Italienischen lautet, zu sehen. Ricky Tognazzi, Sohn des legendären Schauspielers Ugo Tognazzi, hat 2002 für den Berlusconi-Sender Canale 5 einen Zweiteiler mit Bob Hoskins in der Titelrolle gedreht, der ein typisches Biopic ist, also eine bebilderte Biographie, die die Personwerdung und Identitätssuche einer historisch verbürgten Persönlichkeit filmisch nacherzählt. Der Kinoversion merkt man die Kürzungen in zahlreichen Sequenzen an. Die entscheidenden Lebensstationen Angelo Roncallis werden im Eilzugstempo ohne Vertiefung den Zuschauern als substanzloser Bilderreigen präsentiert: Ausgehend von der Sterbestunde des Papstes schildert Tognazzi in Rückblenden die Kindheit, die Zeit im Priesterseminar, die Priesterweihe, das Wirken als Administrator der Katholiken in der Türkei während des Zweiten Weltkriegs und als Kardinal von Venedig, die überraschende taktische Wahl zum vermeintlichen „Übergangspapst”, die Einberufung des 2.Vatikanischen Konzils und die Intervention in der Kuba-Krise.
Reduziert auf Intrigenspiel. Im Gegensatz zu Olmi konzentriert sich Tognazzi auf die Highlights der Biographie und reduziert die überragende kirchenpolitische Bedeutung dieses Papstes auf eine Eifersuchtsintrige, in der die Haltung des Kardinals Mattia Carcano, der im Priesterseminar ein enger Freund Roncallis war, zum dramaturgischen Motor der Konfliktsituationen wird. In keiner Weise gelingt es dem Film, die Bedeutung des 2.Vatikanischen Konzils herauszuarbeiten, das auf die Frage reduziert wird, ob die Messe in der jeweiligen Landessprache gehalten werden darf. Die strukturelle Revolution der Institution Kirche, die Johannes XIII. auslöste, wird durch die Überzeichnung der Person verhindert. Vielleicht ist es ein Zufall, aber man kennt diesem Film in dieser Version durchaus die Ästhetik des von Berlusconi und seinen Medienmachern kontrollierten Senders Canale 5 an, so oft wird das Gesicht und Lächeln von Bob Hoskins durch die Verwendung eines Weichzeichners verstärkt.
Störender Musikteppich. Als penetrant erweist sich auch der dem gesamten Film unterlegte unverbindliche Musikteppich, der zwar von einem so versierten Komponisten wie Ennio Morricone stammt, aber viel zu aufdringlich ist und die ohnehin schon mit Ausrufezeichen versehenen Bilder in ihrem Aussagewert verdoppelt. Alles in allem muss man sich dem deutschen Filmkritiker Peter Hasenberg anschließen, der im „Filmdienst” zum Deutschlandstart vor Monaten anmerkte, dass „der Film die Chance verpasst, eine außergewöhnliche Gestalt der Kirchengeschichte einem Publikum zu vermitteln, das die differenzierte Darstellung eines Mannes erwartet, der mehr war als ein dicker Mann mit einem gütigen Lächeln.” So kann man sich nur wünschen, dass irgendein Fernsehkanal endlich wieder einmal Olmis gelungenes Porträt von Johannes XIII. ausstrahlt.