Markus Grasl ist frisch gebackener Propst des Stifts Reichersberg und für drei Pfarren zuständig. Das verlangt nach guter Kooperation. Warum das in den Pfarren gut funktioniert und wieso es dennoch Zukunftssorgen gibt, erfuhr die KirchenZeitung bei einem Treffen im Stift Reichersberg.
Ausgabe: 2016/20, Stift Reichersberg, Mörschwang, St. Georgen bei Obernberg, Kirchdorf am Inn, Propst, Pfarrer, Markus Grasl, Patrizia Wohlmacher, Priestermangel, Finanzsorgen, Spenden, Renovierung
17.05.2016 - Paul Stütz
Manchmal geht es schneller als man denkt. Im Frühling 2015 hatte der Priester Markus Grasl zwei Pfarren, Antiesenhofen und Reichersberg, zu betreuen. Eine dritte Pfarre übernehme er nur, wenn es unbedingt sein müsse, sagte er zu diesem Zeitpunkt in einem Interview mit den OÖ Nachrichten. Wenige Monate später, im Herbst, war es schon soweit: Mörschwang, St. Georgen bei Obernberg und Kirchdorf am Inn sind seither Grasl-Gemeinden. Der Augustiner Chorherr ist vorsichtiger geworden. „Zu einer möglichen vierten Pfarre mache ich lieber keine Ankündigungen“, lacht der, mit 35 Jahren jüngste Pfarrer Oberösterreichs. Schon kurz nach dem Gespräch mit der KirchenZeitung gibt es eine große Veränderung: Grasl ist am Freitag zum Propst des Stifts Reichersberg gewählt worden (siehe Seite 4).
Jammern will der gebürtige Niederösterreicher dennoch nicht über diese Seelsorge-Situation, die dem allgemeinen Priestermangel geschuldet ist. Lieber erzählt er davon, dass es eigentlich ganz gut funktioniert. Was nicht nur daran liegt, dass keine der Pfarren mehr als 600 Katholiken zählt. Darin pflichten ihm die Pastoralassistentin Patrizia Wohlmacher und sechs weitere Vertreter/innen aus den drei Pfarren bei einem Treffen mit der KirchenZeitung bei. „Wir haben geschaut, was ist da und nach diesen Bedürfnissen haben wir die Strukturen ausgerichtet“, erklärt Markus Grasl. Gut klappe die gemeinsame Erstkommunion und Firmung der drei Orte. Jede Pfarre kommt zudem gleich oft in den Genuss der Sonntagsmesse. Dafür gibt es ein „Monats-Radl“. Der Pfarrer, der im Stift Reichersberg wohnt, wird „gerecht geteilt“. Selbiges gilt für die Pastoralassistentin, die sogar für insgesamt sechs Pfarren im Seelsorgeraum zuständig ist. „Uns beiden macht das Pendeln nichts aus“, sind sich Grasl und Wohlmacher einig, die sich seit Studientagen in Salzburg kennen.
Keine Angst vor Großpfarre
Ein Teil der Sonntagsliturgie wird mit Wortgottesdiensten abgedeckt. Und an großen Feiertagen, wie Ostern, feiern alle drei Gemeinden in einer der Pfarrkirchen. Wie zum Beispiel am Gründonnerstag, als Vertreter/innen aus allen drei Pfarren die Füße gewaschen wurden. „Am Anfang ist es mir schwer gefallen. Meine Kirche ist mein Wohnzimmer. Mittlerweile habe ich mich aber an die Feiern in den anderen Kirchen gut gewöhnt“, sagt Veronika Wiesbauer, Mesnerin in Mörschwang. Sie ist damit nicht die einzige, wie Pastoralassistentin Patrizia Wohlmacher betont: „Die Stimmung ist positiv in den Pfarren.“ Die grundsätzliche Bereitschaft zur Kooperation mag auch daran liegen, dass die politischen Gemeinden sich teilweise auch im Schulbereich zusammentun. Selbst vor dem derzeit noch unrealistischen Szenario einer Großpfarre habe man keine Angst. „Die eigene Identität in den einzelnen Orten geben wir so oder so nicht auf“, sind sich die Pfarrvertreter/innen einig. Zum Beispiel gebe es von Ort zu Ort unterschiedliche Feste, die aus Tradition gewahrt werden müssten.
Was ist mit den Pfarren in zehn Jahren?
Was zu Unsicherheit führt, ist jedoch die Zukunft in zehn bis 15 Jahren, wie Willi Wiesbauer, Obmann des Fachausschusses Finanzen in St. Georgen sagt: „Wie geht es dann weiter? Gibt es einen Plan? Registriert uns in der Diözese Linz überhaupt jemand als kleine Pfarren?“ Diese Fragen kommen ihm dabei in den Sinn. Er macht darauf aufmerksam, dass die Instandhaltung der Kirchen für kleine Pfarren eine besondere finanzielle Belastung sei. „Intakte Kirchen sind eine Grundvoraussetzung für alles“, sagt er. Bei Renovierungen sei man sehr auf die Spendenfreudigkeit der Pfarrbevölkerung angewiesen. Er würde sich wünschen, dass kleine Pfarren einen höheren Anteil am Kirchenbeitrag von der Diözese bekommen. Sorge bereitet Willi Wiesbauer auch, dass die Personaldecke im Stift und in der Diözese überschaubar sei. Die Kirche müsse es schaffen, mit der Zeit zu gehen ist der Tenor der Pfarrvertreter/innen. „Die meisten Leute in unseren Gemeinden hätten kein Problem damit, wenn der Pflichtzölibat abgeschafft würde“, beobachtet Maria Treiblmayr, Religionslehrerin aus Kirchdorf. Klar sei jedenfalls eines: „Wenn Pfarren seelsorglich gut betreut werden, wie das bei uns derzeit der Fall ist, verhindert das, dass sich die Leute von der Kirche entfernen.“
Drei kleine Pfarren
Mörschwang zählt 260 Katholiken, St. Georgen bei Obernberg 496 und Kirchdorf 556 Katholiken. Die drei Innviertler Pfarren liegen in einem Umkreis von wenigen Kilometern nebeneinander. Alle drei Gemeinden werden vom Augustiner Chorherrenstift Reichersberg betreut.