Josef Hader über seinen neuen Film und die katholische Kirche
Ausgabe: 2004/39, For you, Josef Hader, Kirche, Krenn, Priesterseminar, Silentium, Schwarz Simon, Film
23.09.2004 - Heinz Niederleitner
„Silentium!“ ist ein Unterhaltungsfilm und keine Auseinandersetzung mit der Kirche, betont Josef Hader im KIZ-Interview.
Wie beurteilen Sie es, dass der Film gerade zur Zeit der Affäre St. Pölten ins Kino kommt?
Ich hätte mir gedacht, dass es nicht so einfach sein wird, mit Menschen in der Kirche zu reden. Durch die St.-Pölten-Geschichte ist es komischerweise so, dass jeder, der sich dem weltoffeneren, sozial engagierten Lager zurechnet, alles, was im Film vorkommt, als das Problem vom Krenn betrachtet. Dadurch haben wir gar nicht die Schwierigkeiten, die ich befürchtet habe. Alles, was darin vorkommt, ob Salzburg, die Festspiele oder die katholische Kirche, werden von bösem Humor nicht verschont. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Knabenseminarthematik das Haupthema des Filmes ist. Es ist ein Krimi: Was es gibt in der Welt, verwendet er für seine Spannung. Insofern haben wir die katholische Kirche „missbraucht“.
Welches Verhältnis haben Sie zur Kirche?
Ich war in einem bischöflichen Seminar, in Melk, und bin auch im Stift in die Schule gegangen und habe dort eine völlig andere Kirche kennen gelernt als jene, die gerade in der Zeitung ist. Das war damals eine andere Zeit, es waren die 70er Jahre, eine Generation von Priestern, die geprägt waren vom Zweiten Vatikanischen Konzil. Man hat das Gefühl gehabt von einem Aufbruch, der immer weiter geht. Ich bin von der Schule sehr stark geprägt in Richtung soziales Engagement, Toleranz – auch in der Richtung, dass man nicht alles ernst nehmen darf, was von oben kommt. Meine Erfahrungen waren wirklich völlig andere als jene, über die wir jetzt sprechen.
Es gibt eine Priesterfigur im Film, die zuerst sehr offen und positiv erscheint, es jedoch nicht wirklich ist.
Wir haben uns überlegt – ganz banal, wie Krimiautoren sind –, wie wir die Figur so gestalten, dass man am Anfang nicht damit rechnet. Da ist aber eine kleine Entsprechung in der Realität (und für mich war das eine Überraschung): Ich hab plötzlich gemerkt, es gibt relativ junge Priester, die in allen Dingen sehr offen sind, wenn es aber um kirchliche Kernangelegenheiten geht, sind sie plötzlich ganz konservativ. Wie alles in dem Film hat das also reale Wurzeln, aber völlig ins Bodenlose übertrieben.
„Silentium!“ ist düsterer als „Komm süßer Tod“. Wie passt da die Figur des Simon Brenner hinein?
Der Brenner ist keine komische Figur. Er erzielt seine Wirkung dadurch, dass er so ernst ist. Beim neuen Film haben wir gesagt: Wenn das spannend ist, darf nichts lustig sein – das geht sich nicht aus. Deshalb haben wir die lustigen Szenen immer dazwischen platziert.
Was sind Sie derzeit mehr: Filmschauspieler oder Kabarettist?
In letzter Zeit wieder Kabarettist: Ich schreibe ein neues Programm, das im Dezember herauskommt mit dem Titel: „Hader muss weg“. Wenn ich nur Schauspieler sein würde, würde es mir keinen Spaß machen.
Welchen Ihrer Filme mögen Sie am meisten?
Mein Lieblingsfilm ist noch immer „Indien”, denn es war eine sehr intensive und schöne Zusammenarbeit und beim Ergebnis freue ich mich immer noch, wenn ich es seh’. Ein Lieblingsfilm von mir kann kein großer Film sein, wie „Silentium!“ und „Komm süßer Tod“. Da geht es ja auch um Schauwerte wie Verfolgungsjagden und so, die mir nicht so wichtig sind.
Interview: Heinz Niederleitner
F I L M
Nicht, dass es heißt, ich hätte nicht gewarnt: Die zweite Verfilmung eines Simon-Brenner-Romans von Wolf Haas verwendet Bilder aus der christlichen Bildsprache: das Kreuz, die Dornenkrone (als Symbol für Kopfschmerzen) oder den Judas-Kuss. Und gut kommt die katholische Kirche im Film nicht weg. Manch einer mag sich fragen, ob man so mit Kirche und Glaube umgehen darf. Aber es ist eben ein Film, keine kritische Auseinandersetzung (siehe Interview oben). Also sollte man den Film als Film ansehen und als nichts anderes – auch wenn der Inhalt stark an aktuelle Affären der Kirche erinnert:
In Salzburg scheint der Schwiegersohn des Festspielpräsidenten Selbstmord zu begehen, indem er sich vom Mönchsberg stürzt. Seine Witwe, rechte Hand ihres Präsidentenvaters, glaubt nicht an Selbstmord: Der Tote hat vor kurzem erst skandalträchtige Erinnerungen an seine Zeit im Knabenseminar ausgegraben und den Erzbischof von Salzburg, damals dort Erzieher, schwer belastet. Brenner begibt sich inkognito ins Knabenseminar, stößt auf kriminelle Umtriebe und Abscheulichkeiten zwischen Kirche und Salzburger Festspiele ...
„Silentium!“ ist deutlich härter, düsterer und spannender als „Komm süßer Tod“, Regisseur Wolfgang Murnberger („Ich gelobe“) setzt auf eine provokant-schockierende Bildsprache und rührt an Darstellungstabus (etwa in einer Vergewaltigungsszene). Die Geschichte erscheint – wohl absichtlich – sehr labyrinthartig. Leider haben in diesem Labyrinth die Charaktere weniger Platz, sich zu entwickeln, als dies in „Komm süßer Tod“ der Fall war. Da aber „Silentium!“ anders angelegt ist, tut man ihm vielleicht Unrecht, einen direkten Vergleich zu wagen. Der Film richtet sich eher an ein Thriller-, denn an ein Komödienpublikum.