Ausgabe: 2003/15, Biografie, Impuls, Franz Jägerstätter, Jägerstätter
08.04.2003
Franz Jägerstätter wird am 20. Mai 1907 in St. Radegund, Oberösterreich (Diözese Linz), als Kind der ledigen Bauernmagd Rosalia Huber geboren. Sie und der Vater, Franz Bachmeier, konnten als Magd bzw. Knecht nicht heiraten. Die Erziehung des Kindes übernimmt die Großmutter, Elisabeth Huber, eine liebevolle, fromme und vielseitig interessierte Frau. Die materielle Not während des 1. Weltkrieges ist in der Region groß. Das Kind Franz erfährt sich in der Schule wegen seiner Armut benachteiligt. Die Mutter heiratet 1917 den Bauern Heinrich Jägerstätter, der bei der Hochzeit das Kind seiner Frau adoptiert. Inspiriert durch den (Adoptiv-)Großvater interessiert sich Franz als Heranwachsender für Bücher, darunter auch für religiöse Literatur. Von seinem Adoptivvater erbt er den Bauernhof.
1927 - 1930 arbeitet Franz Jägerstätter im Erzabbau in Eisenerz (Steiermark). Dort erfährt er sich geistig und religiös entwurzelt und macht eine Glaubens- und Sinnkrise durch. 1933 wird er Vater einer unehelichen Tochter Hildegard.
1935 lernt er Franziska Schwaninger kennen, sie heiraten am Gründonnerstag 1936. Die Ehe wird zum Wendepunkt im Leben Franz Jägerstätters. In der Folge sei er ein anderer geworden, so die Nachbarn. Das Ehepaar betet miteinander und die Bibel wird zum Lebensbuch des Alltags. Aus der Ehe gehen drei Töchter hervor.
Den Nationalsozialisten, die in Österreich 1938 die Macht übernahmen, verweigerte Jägerstätter von Anfang an jede Zusammenarbeit oder Unterstützung, denn Christentum und Nationalsozialismus sind für ihn völlig unvereinbar.1940 wird er zum Militärdienst einberufen, auf Betreiben der Heimatgemeinde aber zweimal als "unabkömmlich" gestellt. Einer weiteren Einberufung will er nicht mehr Folge leisten, denn mitzukämpfen und zu töten, dass Hitler die ganze Welt beherrschen könne, sieht er als Sünde an. Die Mutter, Verwandte und auch befreundete Priester versuchen, ihn umzustimmen. Seine Frau Franziska hofft zwar auch auf einen Ausweg, steht aber zu ihm in seiner Entscheidung.
Nach der erneuten Einberufung meldet sich Franz Jägerstätter am 1. März 1943 bei seiner Stammkompanie in Enns, erklärt aber sofort: "dass er auf Grund seiner religiösen Einstellung den Wehrdienst mit der Waffe ablehne, ... dass er gegen sein religiöses Gewissen handeln würde, wenn er für den nationalsozialistischen Staat kämpfen würde; ... er könne nicht gleich-zeitig Nationalsozialist und Katholik sein; ... es gebe Dinge wo man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen; auf Grund des Gebotes "Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst" dürfe er nicht mit der Waffe kämpfen. Er sei jedoch bereit, als Sanitätssoldat Dienst zu leisten. " (Aus der Begründung des Reichskriegsgerichtsurteils vom 6. Juli 1943).
Wegen Wehrkraftzersetzung wird Franz Jägerstätter zum Tod verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg/Havel enthauptet. Die beiden Seelsorger, Pfarrer Kreutzberg in Berlin und Pfarrer Jochmann in Brandenburg, sehen in ihm einen Heiligen und Märtyrer. Im Jahre 1965 verweist Erzbischof Thomas D. Roberts bei der Arbeit an der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils in einer schriftlichen Eingabe auf die einsame Gewissensent-scheidung Franz Jägerstätters: "Märtyrer wie Jägerstätter sollen nie das Gefühl haben, dass sie allein sind." Welcher Katholik getraut sich, diese Raubzüge, die Deutschland schon in mehreren Ländern unternommen hat und noch immer weiter führt, für einen gerechten und heiligen Krieg zu erklären ?
Wer traut sich zu behaupten, dass vom deutschen Volk in diesem Kriege nur einer die Verant-wortung trägt, weshalb mussten dann noch so viele Millionen ihr "Ja" oder "Nein" ergeben ? ...
Wer bringt es fertig, zu gleicher Zeit Soldat Christi und Soldat für den Nationalsozialismus zu sein, für den Sieg Christi und seiner Kirche und zugleich auch für den nationalsozialistischen Sieg zu kämpfen?" (Aus den"10 Fragen", 1942)
"Müssen wir jetzt nicht weit größere Heilige werden als unsre ersten Christen? Da wir doch der Regierung gegenüber viel gehorsamer sind als sie. Die hätten oft bloß den Götzen zu opfern gebraucht, wo doch niemand viel zu Schaden gekommen wäre und sie hätten sich auf eine Zeit ihr Leben retten können. Was wird von uns jetzigen Christen verlangt ? Man soll nicht bloß opfern, sondern Menschen überfallen, berauben und sogar morden, damit man ein Nationalsozialistisches Weltreich gründen könnte." (Aus den "7 Fragen", 1942)
"Gerade diese Woche muß uns wieder Mut und Kraft bringen, unser Schicksal leichter zu ertragen, was ist denn schon unser kleines Leiden gegen dem, was Christus in der Karwoche gelitten hat. Wer nicht mit und für Christus leiden will, wird auch nicht mit Christus auferstehen." (Brief vom 18. 4. 1943)
"Offensichtlich zeigt Gott manchmal seine Kraft, die er den Menschen zu geben vermag, die ihn lieben und nicht das Irdische dem Ewigen vorziehen. Nicht Kerker, nicht Fesseln auch nicht der Tod sind es imstande, einen von der Liebe Gottes zu trennen, ihm seinen Glauben und den freien Willen zu rauben. Gottes Macht ist unbesiegbar." (Berlin, nach der Verurteilung)
"Möge Gott mein Leben hinnehmen als Sühn-Opfer nicht bloß für meine Sünden, sondern auch für andere. Liebste Gattin und Mutter. Es war mir nicht möglich, Euch von diesen Schmerzen, die Ihr jetzt um meinetwillen zu leiden habt, zu befreien. Wie hart wird es für unsren lieben Heiland gewesen sein, dass er durch sein Leiden und Sterben seiner lieben Mutter so große Schmerzen bereiten musste und das haben sie alles aus Liebe für uns Sünder gelitten. Ich danke auch unsrem Heiland, dass ich für ihn leiden durfte und auch für ihn sterben darf. ... Habe in der letzten Woche die Himmelmutter noch öfter gebeten, wenn es Gottes Wille ist, dass ich bald sterbe, dass ich das Fest Maria Himmelfahrt schon im Himmel mitfeiern darf." (Abschiedsbrief vom 9. August 1943)
Wenn ich sie [einige Worte] auch mit gefesselten Händen schreibe, aber immer noch besser, als wenn der Wille gefesselt wäre. (74)