Aus der Freundschaft von Papst Johannes Paul II. mit einer verheirateten Frau wurde ein Zölibatskonflikt konstruiert. Für Michael Münzner ist klar: Auch Priester brauchen gute Beziehungen mit Männern und Frauen.
„Zölibat nur aus Pflicht – das geht nicht“, ist Michael Münzner überzeugt. Am Ende des Entscheidungsweges für den Priesterberuf muss die Frage nach dem Warum beantwortet sein.
Vor acht Jahren hat Münzner mit der Priesterweihe selbst das Zölibatsversprechen abgegeben. „Vor 15 Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich heute so sehr überzeugt von dieser Lebensform wäre“, ist er von sich selbst überrascht. „Ich habe entdeckt, dass diese Lebensform für das Leben als Priester doch keineswegs so dumm ist, wie manche meinen.“ Münzner wirkt als Jugendseelsorger in der Diözese Linz. Er ist Mitverantwortlicher in der Vorbereitung von Anwärtern auf den Priesterberuf im sogenannten „Propädeutikum“ – dem ersten Jahr der Priesterausbildung. Ein Schwerpunkt dabei ist, dass die jungen Männer ihre Eignung und Berufung prüfen, ehe sie mit der weiteren Ausbildung in ihren Heimatseminaren beginnen.
Anlassfall Johannes Paul II.
Papst Johannes Paul II. hatte eine Freundin. Mit solchen Schlagzeilen wurde eine britische Fernsehdokumentation, die vor zwei Wochen ausgestrahlt wurde, angekündigt. Zwar war im Fernsehfilm selbst keineswegs von einer Zölibatsverletzung die Rede. In der Berichterstattung darüber wurde die Glaubwürdigkeit der Kirche in der stets heißen Frage der Ehelosigkeit für Priester dennoch in ein schiefes Licht gerückt. Dass der polnische Papst eine jahrzehntelange freundschaftliche Beziehung zu einer verheirateten Philosophin hatte, machte die Sache für die Öffentlichkeit spannend genug. Michael Münzner hatte wegen eines Auslandsaufenthaltes die Dokumentation nicht gesehen – und kommentiert gelassen: „Es ist schön, dass der Papst eine freundschaftliche Beziehung auch mit einer Frau gehabt hat.“
Klare Verhältnisse
Gute und freundschaftliche Kontakte zu Männern und Frauen wären für Priester enorm wichtig – freilich müsste es sich um geklärte Verhältnisse handeln. Dass die menschlichen Beziehungen immer der Gestaltung bedürfen, ist für ihn klar. Da sind auch Priester keine Ausnahme. Ob die Kirche bei der Zölibatsvorschrift für Priester bleiben wird, ist für Münzner eine eigene Frage. Wer heute Priester wird, muss sich in einer freien Entscheidung auf diese Voraussetzung einstellen. Wird dabei der Zölibat nur als Muss in Kauf genommen, wären das keine guten Voraussetzungen.
Priester brauchen Freude
Zwei Dinge braucht es laut Münzner, dass diese Entscheidung durch das Leben tragen kann: Ein in Freiheit gesprochenes Ja. Das Warum des Priesterseins muss spürbar bleiben. Verknüpft ist dieses Ja mit Durchhalte-Fähigkeit. Diese ist Menschen heutzutage vielfach abhanden gekommen. Es wird schnell aufgegeben, wenn etwas schwierig wird. Im Durchschreiten von Krisen wäre ein Reifen möglich.
Ein Zweites ist für Priester wichtig: Sie brauchen etwas, das ihnen wirklich Freude macht. Priester sollen ihr Leben auch „genießen“ können. Für Michael Münzner selbst ist es das Laufen. Er läuft sogar Marathon. Leider erlauben sich Priester ihre Hobbys oft nicht mehr: Früher hatten Priester Bienenstöcke, oder sie haben mit Freude ein Instrument gespielt, sie waren vielleicht Musiker, noch früher sogar Landwirte. Heute werden sie von den beruflichen Verpflichtungen so sehr eingenommen, dass sie sich für etwas, was sie wirklich gerne täten, nicht mehr Zeit nehmen.
Priester brauchen Gemeinschaft
Kaum ein Priester lebte früher allein im Haushalt. Dass Michael Münzner selbst mit dem Zölibat gut zurecht kommt, schreibt er einer Tatsache zu: „Ich habe nie alleine gelebt.“ Als Kaplan in Gallneukirchen war er in einer Hausgemeinschaft. Im Priesterseminar oder als Jugendseelsorger auf der Burg Altpernstein lebte er nie wirklich allein. Für viele Priester in den Pfarren ist das heute aber nicht der Fall. Dass Orden mehr Nachwuchs haben als die Diözesen mit Weltpriestern, hat für Münzner mit der Gemeinschaftsfrage zu tun.
Armut und Gehorsam
Ehelosigkeit darf nicht in Beziehungslosigkeit münden, meint Münzner. Dass die Kirchenleitung für gute Rahmenbedingungen sorgt, ist wichtig. Die Frage liegt auch stark in der eigenen Verantwortung der Priester. Im Pröpädeutikum – zur Zeit sind es zwölf Männer – wird auf Beziehungsfähigkeit großer Wert gelegt. Hier wird neben dem Zölibat auch auf die anderen „evangelischen Räte“ wert gelegt: Was heißt es, gehorsam zu leben? Und was bedeutet das Gelöbnis der Armut? Ein Versprechen, auf das auch Papst Franziskus drängt, wenn er zu einem einfachen Leben mahnt.