„Gemeinden ohne Flüchtlinge werden alle in einen Topf geschmissen“
In fast 100 Gemeinden in Oberösterreich leben keine Flüchtlinge. Was sagen Seelsorger/innen aus betroffenen Orten dazu? Wie geht es ihnen damit durch eine veröffentlichte Internetliste quasi als „Asyl-Sünder“ dazustehen?
Die Regeln sind klar: Um die vorgegebenen Quoten zu schaffen, sollte jede Gemeinde Flüchtlingsquartiere in der Höhe von 1,5 Prozent ihrer Einwohnerzahl bis Juni 2016 schaffen. In Pinsdorf im Bezirk Gmunden mit 3800 Einwohnern wären das knapp 60 Asylwerber. Doch bis dato leben in dem Ort gar keine Flüchtlinge. Ersichtlich ist das für jeden im Internet. Integrationslandesrat Rudi Anschober von den Grünen veröffentlichte die Daten Mitte Jänner.
„Ich finde es gut, wenn bekannt wird, dass in unserer Gemeinde keine Flüchtlinge untergebracht sind“, sagt Gerhard Pumberger, Pfarrassistent in Pinsdorf. In der Pfarre selbst könne man vor allem aus Platzmangel leider keine Quartiere zur Verfügung stellen. Freiwillige der Pfarre Pinsdorf unterstützen jedoch die Flüchtlingshilfe in Nachbarorten wie Ohlsdorf und Altmünster. Gerhard Pumberger glaubt, dass es bei gutem Willen von lokaler Politik und Verwaltung schon längst Flüchtlingsunterkünfte in Pinsdorf geben könnte. Einige Privatpersonen hätten Wohnungen für Asylwerber angeboten, doch diese Initiativen seien bei den zuständigen Behörden versickert. Pumberger kritisiert es, wenn für die Aufnahme von Flüchtlingen Bedingungen gestellt werden, wie verpflichtende Deutschkurse für Asylwerber oder dass nur Flüchtlingsfamilien nach Pinsdorf kommen dürfen. Pumberger: „Wir können und dürfen uns die Flüchtlinge nicht aussuchen. Und die Politiker hindert niemand daran, diese Deutschkurse auch wirklich zu organisieren.“ Im Hinblick auf die eigentlich zu erfüllende Flüchtlings-Quote sagt der Theologe: „Es wird spannend, wie es bei uns weitergeht.“
Boden für Flüchtlinge aufbereiten
Nur knapp zehn Kilometer östlich von Pinsdorf liegt Gschwandt. In Sachen Flüchtlingsquartiere ist der 2700-Seelen-Ort ebenfalls ein weißer Fleck. Nichtsdestotrotz wurde in der Gemeinde in Herbst die Plattform für Menschen gegründet. Die Gruppe engagierter Männer und Frauen will den Boden für
Quartiere aufbereiten
Mit sachlichen Infos wolle man die Bevölkerung für die Willkommenskultur gewinnen, berichtet die Pfarrassistentin Anna-Maria Marschner. Zumindest bei der Plattform ist der Wunsch, Flüchtlinge in den Ort „zu bekommen“, stark. Einzige Einschränkung: Container-Lösungen wolle man vermeiden, um eine Getto-Bildung zu verhindern.
Ärger über Anschobers Liste
Schauplatzwechsel in den Westen des Bundeslandes. In Brunnenthal in der Nähe Schärdings kommen auf 2000 Einwohner null Asylwerber. „Ja, wir stehen auf dieser schwarzen Liste“, sagt Heidi Schrattenecker im Gespräch mit der KirchenZeitung. „Ich habe mich am Anfang sehr darüber geärgert.“ Die Liste vermittelt für die Pfarrassistentin Brunnenthals einen falschen Eindruck: „Die Gemeinden ohne Flüchtlinge werden alle in einen Topf geschmissen. Doch das stimmt nicht. Ich weiß von Orten, wo der Bürgermeister aus Prinzip gegen Asylwerber ist. In Brunnenthal ist das anders.“ Denn Gemeinde und Pfarre würden durchaus helfen. Da es sich aber um bereits anerkannte Flüchtlinge handelt, scheinen diese Menschen in keiner Quotenstatistik auf. „Anerkannten Flüchtlingen können wir bei uns leichter Unterkünfte zur Verfügung stellen als Asylwerbern“, erzählt die Pfarrassistentin: „Es fehlen in Brunnenthal wirklich die passenden Quartiere.“ Ein Beispiel: Ein großes Grundstück, das die Pfarre für Asylquartiere zur Verfügung stellen wollte, sei von den Behörden aufgrund der Hanglage abgelehnt worden. Nicht unerwähnt lassen will Schrattenecker auch, dass viele Menschen aus Brunnenthal in dem Transitlager in Schärding geholfen haben. Die Pfarre leiste zudem finanzielle Starthilfe für die Ersteinrichtung in diesen Wohnungen, unterstützt die Familien bei den Behördengängen. „Wir haben viele geschickte Leute, die sich für Flüchtlinge engagieren.“
Viele Asylwerber
Oberösterreichs Gemeinden mit den meisten Asylwerbern sind: St. Nikola an der Donau, Bad Kreuzen, Oberkappel, Neufelden und Klaffer am Hochficht. So beherbergt St. Nikola bei 839 Einwohnern 112 Asylwerber (13,35 Prozent).