Für den jüngst verstorbenen Künstler Friedensreich Hundertwasser war es das schönste Geschenk seines Lebens, dass er die Pfarrkirche von Bärnbach gestalten durfte.
Wie aus dem Märchen von „Tausend und einer Nacht“ wirkt die Sankt-Barbara-Kirche auf Besucher des weststeirischen Kohlereviers. „Dabei ist Friedensreich Hundertwasser mit der Neugestaltung unserer Pfarrkirche etwas gelungen, was wir uns nie zu denken gewagt hätten“, meint Pfarrer Friedrich Zeck. Zwölf Jahre nach Abschluss der Arbeiten haben fast eine Million Menschen die Hundertwasser-Kirche in Bärnbach besucht. „Die Kirche ist eine Botschaft, die von den Menschen verstanden wird“, erzählt der Pfarrer. „Ein Haus schaut sich jeder gerne an. Zu uns kommen sie, um ein Gotteshaus anzuschauen.“
Vergoldeter Zwiebelturm
Die Kirche von Bärnbach ist das bekannteste kirchliche Projekt von Friedensreich Hundertwasser (71), der auf dem Weg von Neuseeland nach Wien am 19. Februar gestorben ist. Nach Vollendung der Arbeiten an dem farbenprächtigen Gotteshaus sagte der Künstler: „Ich bin sehr glücklich. Dass ich diese Kirche gestalten durfte, ist das schönste Geschenk, das ich in meinem Leben bekommen habe.“ Die in den ersten Nachkriegsjahren erbaute Kirche wurde streng nach dem Grundsatz des Künstlers – „jede gerade Linie ist eine Sünde“ – umgebaut. Längs- und Quersäulen gliedern nun Turm und Kirchenschiff in kleine Flächen, die mit christlichen Symbolen ausgestaltet wurden. Und wie eine Krone macht sich der vergoldete Zwiebelturm aus. Dass es unbedingt Gold – die Farbe für Gott– sein musste, davon war er überzeugt. Als Bedenken laut wurden, machte eine Millionenspende Friedrich Stowassers, so sein eigentlicher Name, auch diese Idee möglich.
Gott soll gerne hier sein
„Eine Kirche muss schön sein, man muss sich in ihr geborgen fühlen. In ihr soll eine Atmosphäre herrschen, in der man eine Brücke zur Natur, zur Schöpfung und zu Gott findet. Gott soll gerne in ein Gotteshaus gehen, das die Menschen gebaut haben, um ihm dort zu begegnen“, sagte der Künstler zu seinen Vorstellungen. So steht die Kirche ganz im Zeichen christlicher Symbole. Den Westturm zieren ein runder Laib Brot und ein Kelch, die Zeichen der Eucharistie. Zwei Felder darüber erinnert die Friedenstaube an das Ereignis der Sintflut, stilisierte Lämmer stellen das Sinnbild vom Hirten und seiner Herde dar.
Auf und Ab des Lebens
Auch Vorplatz und Prozessionsweg um die Kirche tragen Hundertwassers Handschrift. Die unterschiedliche Pflasterung ließ eine leichte Hügellandschaft entstehen, für das ständige Auf und Ab des Lebens. Kein Lebensweg verläuft geradlinig. Über diesen gewundenen Pfad spannen sich bunte Torbögen mit Symbolen der Weltreligionen. Eines blieb ohne jede Symbolik. Es stellt das Tor der Nichtglaubenden dar. Die Idee dazu entstand bei den unzähligen Gesprächen, die Pfarrer Zeck und der Künstler führten (dazu linke Randspalte). „Ein Bauwerk muss Seele haben, muss menschen- und naturgerecht sein“, lautete sein Credo. Diese Seele zeigt sich auch im Innenraum. Neben der Gestaltung der Taufstelle wurde Hundertwasser gebeten, das 200 Jahre alte Kreuz an der Stirnwand mit einem Strahlenkranz zu umgeben. Der Gekreuzigte wird gleichsam als der Auferstandene dargestellt.
Voll des Lebens und der Freude
Die Kirche von Bärnbach hat Pfarrer Friedrich Zeck und Friedensreich Hundertwasser zu Freunden gemacht. Als der Priester nach einem Gehirnschlag in den letzten Monaten im Krankenhaus war, hat ihn der Künstler aus Neuseeland, seiner zweiten Heimat, mehrfach angerufen und ihm Mut gemacht.
Friedensreich Hundertwasser war Ihr Freund. Was bleibt in Erinnerung? Zeck: Er war ein großer Geist. Einfachheit und Schlichtheit, die ihn ausgezeichnet haben, beeindrucken mich. Bei den ausgedehnten Spaziergängen lehrte er mich, in die Natur hineinzuschauen und ihre Sprache besser zu verstehen.
Wie haben Sie die Arbeit mit dem Künstler erlebt? Zeck: Selbstverständlich hatte er seine Vorstellungen. Aber es war ihm wichtig zu hören, was andere, vor allem einfache Arbeiter oder Lehrlinge dazu sagten. Manchmal blieb mir die Aufgabe, Prellbock zu sein zwischen dem Künstler und der Gemeinde. Als wir zu arbeiten begannen, studierte ich die Texte des 2. Vatikanischen Konzils über das Verhältnis zu den Weltreligionen. Diese Auseinandersetzung nahm er begeistert im Prozessionsweg auf – er hat sozusagen das Konzil auf seine Art ausgedrückt. Ein Gotteshaus, das von Leben und Freude erzählt, ist ein Auftrag für unsere Pfarre. Die allermeisten Besucher sind begeistert, und oft hören wir nach den Führungen: „Das war wunderschön.“ Dieses Echo ist eine große Ermutigung und Freude für uns.