Eine Welser Freikirche sucht seit Jahren Gläubige – ihr Gründer wird von Gläubigern gesucht
Ausgabe: 1999/38, Karl Pilsl
21.09.1999 - Martin Kranzl-Greinecker
Viele oö. Pfarren machten in den letzten fünf Jahren die schmerzhafte Erfahrung, daß Gemeindemitglieder sich abwandten und zum freikirchlichen Gute-Nachricht-Zentrum in Wels pilgern. Dessen Gründer Karl Pilsl sorgt nun wiedereinmal für Schlagzeilen.
Vorletzten Sonntag herrschte im Welser Gute-Nachricht-Zentrum Feststimmung. Hunderte Menschen feierten in der ehemaligen Fabrik den fünften Geburtstag ihrer Freikirche. Im Vorfeld wurde in einer Postwurfsendung an Welser Haushalte und in einem internen Rundbrief die Geschichte skizziert. Und zwar mit Sätzen, die kritische Zeitgenossen ebenso wie gläubige Katholiken auf die Palme bringen. Weil in den letzten Jahren nicht nur Positives über die Freikirche zu lesen war, werden Journalisten als gottlos und wissentliche Lügner bezeichnet. Nicht näher genannte Sektenexperten und die katholische Kirche im Allgemeinen werden scharf kritisiert: „Die Kirche ist zum Witz geworden und ein Skandal jagt den anderen.“ Offensichtlich will man aus der Kirchenkrise der letzten Jahre Kapital schlagen. Was oft genug auch gelang. Der Welser Pfarrer und oö. Generaldechant Johann Bachmair berichtet, daß jedes Jahr eine Handvoll Menschen aus seiner Pfarre ins Gute-Nachricht-Zentrum abwandern. Manche von ihnen waren vorher im Pfarrbereich engagiert. Ihnen allen sei gemeinsam, daß sie auf der Suche und ziemlich unkritisch sind. Zwischen den freikirchlichen Gemeindeleitern und Bachmair gab es Gespräche, aber die seien „für die Katz“. „Wir verstehen unter denselben religiösen Worten völlig unterschiedliche Dinge“, so Johann Bachmair. Es ist offenbar die andere Note im Gute-Nachricht-Zentrum, der Stil von lauten Fernsehpredigern und Wunderheilern, der die aus ganz Oberösterreich kommenden Menschen anspricht.
Das Gründerimage verblaßt
Gegründet wurde das Welser Zentrum vom gebürtigen Sarleinsbacher Karl Pilsl (51). Nach mehrmaligem Scheitern als Unternehmer, erlebte Pilsl eine persönliche Bekehrung und ließ sich in Amerika zum Pastor ausbilden. Seither predigt er landauf, landab in Freikirchen, bei Vorträgen und bei Seminaren für Führungskräfte „vollen Er-voll-g“. Daneben ist Pilsl, dessen Frau mit den zwei jüngsten Kindern in den USA lebt, wirtschaftlich aktiv. Eine Tatsache, die die Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Gemeinden Österreichs als „Verquickung von Wirtschaftsbetrieb, öffentlichem Prestige und Evangelium“ bewertet und sich distanziert. Karl Pilsl bietet neben seinen Vorträgen eigene Bücher, Tonkassetten und Poster an. Bevor er das Welser Gute Nachricht-Zentrum im Herbst 1997 verließ, verkaufte seine Firma „Mir tut’s wohl“ Massage-Männchen aus Buchenholz. 400.000 Stück zum Endpreis von 148,– setzte er davon in Österreich ab. Dann wurde es ruhig um Pilsl. Zumindest in Österreich. Ab Oktober 1998 sorgte der Prediger in der ostdeutschen Stadt Wittenberg für Aufsehen. Er gründete „Eine Neue Reformation e.V.“ und ließ sich an einer teuren Adresse der Lutherstadt nieder. Ist er ein „gewissenloser Abzocker auf der Jagd nach dem Geld gutgläubiger Menschen?“ fragte bald eine Zeitung in großen Lettern. Es kam zu Konflikten mit örtlichen Kirchengemeinden. Vor kurzem wurde das Glaubenszentrum in der Lutherstraße geräumt, Pilsl möchte den Mietvertrag vorzeitig kündigen. Ein kurzes Gastspiel? „Wir weinen ihm keine Träne nach“, so der evangelische Propst Hamel und auch Wittenbergs Bürgermeister Dammer. „Ich bin ein Pionier, der weiterzieht. Mein Missionsdienst gilt nun ganz Deutschland,“ kommentiert Pilsl. Ein „Pionier, der weiterzieht“ kann manchmal etwas vergessen. Zu bezahlen etwa. So wandte sich im Juni 1999 eine Salzburger Drechslerei an die Kirchenzeitung und bat dringend um Pilsls Adresse. Die Drechslerei hatte seinerzeit die Holzkugeln für die „Mir tut’s wohl“-Männchen geliefert. Mehrere Hunderttausend Schilling sind dafür bis heute offen…