Der eine hat soeben den Zivildienst hinter sich gebracht, der andere schon vier Jahre Theologie studiert und der Dritte, ein 34-Jähriger, hat als Möbelverlader gearbeitet. So unterschiedlich ihr Lebenslauf ist – die drei Männer verbindet der Wunsch, Priester zu werden. Das Propädeutikum gibt ihnen Zeit, ihre Berufung zu klären.
Schon als „Bua“ ist er bei der Mutter auf der Orgelbank gesessen, erzählt Thomas Schmid aus der Pfarre Ulmerfeld (NÖ). Er hat sich von klein auf zum Priestertum hingezogen gefühlt. Vier Jahre hat er nun an der Hochschule Heiligenkreuz Theologie studiert, jetzt hat er sich entschlossen, in das Priesterseminar St. Pölten einzutreten. Das erste Jahr als St. Pöltner Seminarist verbringt er nun in Linz im Propädeutikum. Er ist froh, dass er sich in diesem Einführungsjahr sehr bewusst Zeit zum Gebet nehmen kann. Mit Freude denkt er auch schon an die Bibelschule, die gegen Ende des Jahres alle Propädeutiker für fünf Wochen ins Heilige Land führen wird.
Von der Kindheit an mit Kirche verbunden
Wie Thomas Schmid ist auch Josef Grünwald von Kindheit an mit der Kirche verbunden. Der gelernte Hafner aus Salzburg hat als Jugendlicher schon den Ruf Gottes zum Priestertum verspürt, aber dann zur Seite gestellt. Was aber nicht von Dauer war. „Ich bin froh, dass ich jetzt hier bin“, sagt er. Er hat zuletzt als Möbelverlader gearbeitet und wird das Propädeutikum auch nutzen, um die Studienberechtigungsprüfung zu machen. Die ist, da er keine Matura hat, für die Aufnahme des Theologiestudiums notwendig. „In kleinen Schritten, vertrauensvoll und mit Geduld werde ich in diesem Jahr meinen Weg gehen. Ich weiß, dass noch viel vor mir liegt.“
Priester als Vorbild
„Wenn ich auf Priester schaue, mit denen ich Kontakt habe, denke ich mir: Das möchte ich auch machen. Da zieht es mich hin“, beschreibt der 20-jährige Gabriel Steiner aus Vorarlberg, was ihm den Anstoß gab, Seminarist zu werden: „Ich bin froh, dass ich im Propädeutikum die Gelegenheit habe, meiner Berufung nachzuspüren. Wenn es sein soll, lässt es mich nicht los.“ Er wünscht sich auch, dass er gut in das Gebet, besonders in das Psalmengebet hineinwächst: „Ich habe mitbekommen, dass da eine große Kraft drinnen steckt.“ Thomas Schmid, Josef Grünwald und Gabriel Steiner sind drei von 13 Männern aus ganz Österreich, die vor wenigen Tagen ihren Weg als Priesterseminaristen begonnen haben. Das Propädeutikum ist mit dem Noviziat für Ordensleute vergleichbar, nur führt es nicht in das Leben einer Klostergemeinschaft ein, sondern macht die Teilnehmer mit der Spiritualität und dem Dienst als Diözesanpriester vertraut. Dabei kommt das praktische Erleben nicht zu kurz. So steht Anfang Oktober gleich eine zweitägige Fußwallfahrt nach Mariazell am Programm.
Zur Sache
„Propädeutikum“
Das Wort ist fast ein Zungenbrecher, aber für die Ausbildung von Diözesanpriestern unverzichtbar: In ihrem ersten Jahr auf dem Weg zum Priestertum studieren die Seminaristen nicht Theologie an einer Universität oder Hochschule, sondern absolvieren das Propädeutikum – ein Einführungsjahr. In dieser Zeit stehen die geistliche Formung sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Berufung und Persönlichkeit im Mittelpunkt. Alle Diözesen Österreichs organisieren für ihre Seminaristen das Propädeutikum gemeinsam. Von Beginn weg – im Jahr 2000 – fand es im Canisiusheim Horn statt. Da nun aber hohe Renovierungskosten angefallen wären, ist dieser erste Teil der österreichweiten Priesterausbildung in das Priesterseminar Linz übersiedelt.
Österreichweit 13 Neuanfänger
13 Seminaristen haben im September 2015 mit dem Propädeutikum begonnen, einer davon aus der Diözese Linz. (Die Diözese Linz zählt insgesamt sechs Seminaristen.) Die Leitung des Propädeutikums liegt wie bisher in den Händen von Rektor Erwin Neumayer aus der Erzdiözese Salzburg und Michael Münzner aus Linz als zweitem Rektor.