In unserer Alltagssprache kennen wir Redewendungen wie „das ist ein Segen“ oder auch „du bist ein Segen“. Es sind spontane Äußerungen, die unserer Freude oder Erleichterung Ausdruck verleihen. Doch was steht hinter dem so geläufigen und vertrauten Wort „Segen“?Blicken wir in die Schriften des Ersten Testamentes, so meint die ursprüngliche Bedeutung dieses Wortes „heilsschaffende Kraft“. Segnen heißt jemanden mit heilsschaffender Kraft ausstatten, und ein Gesegneter ist somit jemand, der diese heilsschaffende Kraft besitzt. Ihren Ausgangspunkt nahm die Vorstellung vom Segnen im Bereich der Familie, die Eltern übertragen ihre Lebenskraft auf die Kinder, sie geben ihnen ihren Segen.Doch bald schon wird der Segen mit dem im Leben und in der Geschichte erfahrenen Gott in Verbindung gesetzt. In der Folge wird Gott zum Ausgangspunkt allen Segens. Eine Vorstellung, die in der Segensformel im Buch Numeri ihren Ausdruck findet: „Gott segne dich und behüte dich, Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; Gott hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden“ (Num 6, 24–26). Mit einem Segen verbinden sich auch ganz konkrete Vorstellungen bezüglich seiner Wirkung auf das alltägliche Leben. Gesegnete Menschen sind der Inbegriff des Wohlstandes, alle Bereiche ihres Lebens glücken ihnen, und sie sind ein herausragendes Beispiel des Wohltuns. Es geht nicht nur um das Wohlergehen im eigenen Lebens sondern auch um das der Mitmenschen. So treffen wir diese beiden Pole bereits am Beginn der Geschichte Abrahams mit Gott, die mit dem Zuspruch beginnt: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ Nicht nur für Abraham alleine ist der Segen gedacht, sondern durch ihn soll dieser Segen in der Geschichte wirksam werden. Der Segen Gottes, der auf einem Menschen ruht, wirkt durch ihn weiter, ohne Grenzen, von Mensch zu Mensch und von Volk zu Volk.Segen zeigt sich uns in den biblischen Büchern als Gabe, die ebenso ein Anspruch ist. Segen zu empfangen bedeutet gleichzeitig, diesen Segen weiterzuschenken. Nur so entwickelt die heilsschaffende Kraft eine eigene Dynamik, die Kraft des Segens wird nicht verbraucht, sondern sie wächst undzieht mit jedem Weitergeben immer weitere Kreise.Susanne Gillmayr-Bucher