Wenn der Haussegen schief hängt oder Konfrontation
Diskretes und Indiskretes von Eheleuten in Pension
Ausgabe: 1998/35, Eheleute in Pension, Serie
25.08.1998 - Hilde Ehrenberger
Dicke Luft. Keins redet ein Wort. Er trotzt in seiner Ecke, ich in meiner. Die Kommunikation ist auf das Nötigste beschränkt: „Kaffee?“ – „Mhm.“Da soll sich einer auskennen.„So ein Unsinn“, wüte ich in meinem Innern. „Wegen einer Kleinigkeit so ein Theater! Als ob wir nichts Gescheiteres zu tun hätten als uns anzuöden! Immer diese Überempfindlichkeit! Man kann doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. In einer so langen Ehe müßte doch der andere wissen, wie man etwas meint.“ Und so weiter, und so weiter…Jetzt werde ich einmal abwarten. Wir werden ja sehen, wer die besseren Nerven hat. Soll einmal er den ersten Schritt tun!Während die Stunden vergehen, dämmert mir langsam, wie dumm wir uns eigentlich aufführen. Haben wir überhaupt noch soviel Zeit, daß wir uns diese Atmosphäre der Verärgerung leisten dürfen?Aber es geht um Standpunkte. Man muß auch manchmal Konflikte austragen können. „Wenn jemand sagt, in seiner Ehe wäre noch nie gestritten worden, kann es sich nur um einen Schwachsinnigen handeln…“ Wo habe ich das nur gelesen?Also, auf zur Konfrontation. Dann schaue ich meinen Mann an, wie er dahockt, brummig und grantig – und es überläuft mich warm. Zahlt sich Konfrontation überhaupt aus? Geht es denn um lebenswichtige Dinge, bei deren Aufgabe man sein eigenes Gesicht verliert?„Schatz“, sage ich zaghaft, „vielleicht doch einen Kaffee?“ „Wenn’s sein muß“, grantelt er zurück und bequemt sich an den Tisch. „Ich hab’ mir etwas überlegt“, sage ich.„Brauchst dir gar nichts zu überlegen“, braust er schon wieder auf. „Du machst eh immer, was du willst.“„Du vielleicht nicht!?“ gebe ich zurück.„Dreh nicht den Spieß um, sonst bin ich innerhalb der nächsten fünf Minuten wieder an allem schuld“, ärgert er sich.„Aber ich will ja gar nicht davon reden“, sage ich beschwichtigend. „Ich wollte nur fragen, ob wir heute abend nicht angesichts des kalten Wetters etwas Warmes essen wollen. Vielleicht sollte ich eine Blutwurst…“„Darüber läßt sich reden“, brummelt er.Ist es – in vielen Fällen – lebenswichtig, wer recht hat und wer nicht? Und läßt sich das immer auch so leicht feststellen? Sagt nicht ein Sprichwort: Zum Streiten gehören zwei. Was ist schon lebenswichtig für uns beide, außer daß wir gut zueinander sind?