„Ich sehe keinen Sinn mehr in meinem Leben. Ich werde von allen nur noch fertiggemacht. Die Schule schaffe ich sowieso nicht, das sagt auch mein Lehrer. Ich weiß einfach keinen Ausweg mehr – wahrscheinlich bin ich wirklich ein Verlierer. Vielleicht ist es besser, wenn ich tot bin . . . “Abschiedsbriefe wie dieser sind für die Eltern von jugendlichen Selbstmördern ein Schock. „Was haben wir bloß falsch gemacht – unser Kind hatte doch ein tolles Leben bei uns, oder?“ Was kann einen jungen Menschen dazu bringen, sein Leben einfach zu beenden? Sind die Berichte über Selbstmord unter Jugendlichen nur von den Medien dramatisierte Einzelfälle? Oder gibt es wirklich Lücken in unserem sozialen Netz, die es zulassen, daß sich viele junge Menschen das Leben nehmen?Tatsache ist, daß die häufigste Todesursache von Jugendlichen der Selbstmord ist. Österreich liegt in dieser traurigen Statistik seit Jahren im Spitzenfeld. Faktum ist auch, daß Selbstmordversuche bei Frauen öfter vorkommen als bei Männern. Doch Frauen wollen mehr auf ihre Situation aufmerksam machen bzw. darüber reden, als sich wirklich das Leben zu nehmen.UrsachenDie Ursachen sind sehr unterschiedlich: Probleme in der Schule, Liebeskummer oder desolate Familienverhältnisse, wobei dieser Anlaß unter vielen Gesichtspunkten betrachtet werden kann:Familien, die nach außen hin perfekt erscheinen, sind oft ein sehr wackeliges Gebilde. Jedes Familienmitglied versucht, durch ein bewußtes Vermeiden von Konflikten die Struktur aufrechtzuerhalten. Die Spannungen, die innerhalb der Familie herrschen, werden von ihren Mitgliedern innerlich ausgelebt. Durch Gewalt in der Familie wird den Kindern schon sehr bald vermittelt, was falsch und richtig ist. Aber nicht Einsicht für die Taten, sondern Angst vor der Strafe ist die Folge dieser Methode. Angstgefühle in der Familie übertragen sich auch auf außerfamiläre Situationen, und den Menschen fällt es dann schwer, Lösungen zu entwickeln. Der Selbstmord kommt durch das Zusammenwirken vieler Faktoren zustande. Er kann nie aus einer einzelnen Ursache ergründet werden. Der Auslöser für die eigentliche Tat ist nur noch der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt. Wir sollten uns also nicht damit befassen, diesen Auslöser zu analysieren, sondern vielmehr die Ursachen, die in die vermeintliche Ausweglosigkeit geführt haben, zu ergründen. Grundsätzlich betrachtet ist der Suizid ein Ausdruck einer schweren Krise. Wenn keine Mittel mehr zur Bewältigung von Miseren zur Verfügung stehen, halten Jugendliche den Selbstmord häufig für die einzige Alternative. Alle Mittel versagen. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung entsteht. Durch Leistungsdruck und Mißerfolg beginnen Jugendliche an sich selbst zu zweifeln. Langsam verliert der Jugendliche sein Selbstwertgefühl. SelbstvertrauenNur durch die Bestätigung anderer kann er Selbstvertrauen aufbauen. Manchmal genügen ein paar Worte, um jemanden das Gefühl zu geben, „ich bin etwas wert, weil ich von anderen – so wie ich bin – akzeptiert werde“. Auch das Eingestehen von Fehlern durch Erwachsene ist Grundlage dafür, daß Kinder lernen, daß Fehler „normal“ sind und jedem passieren können. Der Allgemeinheit muß auch klar werden, daß viele selbstmordgefährdete Jugendliche sich nicht wirklich umbringen wollen, sondern so nicht weiterleben können. Wir müssen akzeptieren, daß sich unsere Gesellschaft verändert hat. Karriere, gut aussehen und Erfolg sind neue Grundwerte, die uns in die schwierige Lage manövrieren, ständig Leistung erbringen zu müssen. Für Jugendliche ist es nicht immer leicht, diesem Druck zu widerstehen. Eltern und auch Lehrer, die eine zentrale Rolle in der Entwicklung eines jungen Menschen spielen können, sollten den Jugendlichen durch Verständnis, Anerkennung und Wertschätzung Selbstvertrauen geben, um sie dadurch etwas von dem Druck zu entlasten. Außerdem sollte man selbstmordgefährdeten Jugendlichen Hilfe bieten, um das zu entdecken, was das Leben lebenswert macht. Peter Heinzl (17), Schüler, dzt. Ferialpraktikant in der KIZTips zum Weiterlesen: „Selbstmord bei Kindern und Jugendlichen“, Hans Dickhaut, Beltz Verlag. „Bitte hört, was ich nicht sage“, Brigitte Nikodem, Koesel Verlag.