Ausgabe: Portugal, Volksabstimmung, Schwangerschaftsabbruch, Boaventura Soza, Abtreibung, Ana Vicente
15.07.1998 - Kirchenzeitung der Diözese Linz
Knappe Mehrheit in Portugal gegen straffreie Abtreibung in den ersten zehn Wochen.Erstmals in der Geschichte Portugals wurde am 28. Juni die Bevölkerung in einer Volksabstimmung um ihre Meinung zu einer Gesetzesvorlage gefragt: Sollte Abtreibung in den ersten zehn Schwangerschaftswochen straffrei sein? Bisher galt dies nur im Fall einer Vergewaltigung oder bei medizinischer Indikation. Gegen den Trend der Meinungsforscher kam es zu einem knappen Ergebnis. Nur 68 Prozent der Wahlberechtigten gingen zu den Urnen, und die Mehrheit mit 50,9 Prozent für die Abtreibungsgegner ist hauchdünn.Die katholische Kirche hatte sich an der vorausgegangenen Kampagne aktiv und besonnen beteiligt; abgesehen von einigen Äußerungen, in denen Priester drohten, keine Gottesdienste mehr zu feiern, sollte die Abstimmung in ihrer Gemeinde für die Abtreibung ausgehen. Es war vielmehr interessant zu beobachten, daß während der Debatte die Bischöfe es nicht wagten, weder die Familienplanung noch die dazu eingesetzten Methoden zu verurteilen. Im Gegenteil, sie haben sich dafür ausgesprochen. Das Ergebnis beweise, sagte der bekannte Soziologe Boaventura Soza Santos, daß die katholische Kirche die stärkste Institution der Zivilgesellschaft sei.Ana Vicente