GlosseVom Handeln im HandelVor Ladenschluß am Abend kommen drei Männer in eine Linzer Billa-Filiale. Die Männer stürmen das Geschäft eher, als daß sie dieses betreten. Ihr Ziel ist die Lebensmittelabteilung. Mürrisch stöbern sie. Ist der Salat noch frisch? Gibt es faules Obst? Liegt Abfall herum? Die Beschäftigten werden – übrigens ohne Anlaß, das Geschäft ist gut geführt – vor den Kunden heruntergemacht. Die Geschäftsführerin hat ihren freien Tag, aber das interessiert das Kommando nicht: Auch an freien Tagen muß man erwarten können, daß sie wenigstens einmal nachschaut.Die Revision ist da, hinterläßt eine Spur der Verachtung und Erniedrigung. Sie ist verdammt hart gegen Verkäuferinnen und zeigt vor, wohin diese Welt geht, wenn sie nur auf Zahlen schaut und darauf, daß die Kassa stimmt. In eine menschliche Steppe, in der Menschen den Menschen Wölfe sind. Es sind auch Kunden im Geschäft. Wer sensibel ist, dem fährt der Schrecken ob des Vorfalls durch die Glieder. Doch ehe sich eine/r ein Herz fassen kann, ist das Revisions-Überfallkommando wieder weg. Gewiß, Revision ist wichtig. Doch so muß sie nicht sein! Wer glauben machen will, daß der Kunde König ist (und nicht das Geld), der sollte anders handeln, als oben beschrieben. Er sollte bedenken, daß der Kunde nur dort König sein kann, wo die Angestellten auch Freude an der Arbeit haben. Freude, die kein Menschenfeind abwürgt. Eine Kundin kauft Eier von „glücklichen“ Hühnern. Sie denkt: Die Hühner, die für diesen Konzern arbeiten, mögen ja glücklich sein, aber sind es auch die Menschen. . . ? Man erinnert sich, daß auch Billa am Sonntag aufsperren will. Welche Sonntage haben wir da zu erwarten?Ernst Gansinger