Sie ist schon 80. Jahrzehnte mühsamer und gefährlicher Arbeit haben sie nicht müde gemacht. Demnächst bricht sie wieder auf nach Kolumbien, um noch einmal von vorne anzufangen. Schwester Elfriede Jagersberger.Mit 17 hat Elfriede Jagersberger Österreich verlassen, um Missionsschwester zu werden. Wenn sie in diesen Tagen noch einmal aufbricht nach Cartagena, der Stadt ihres Lebens, so empfindet sie es nicht als Fortgehen. „Ich kehre nach Hause zurück.“ Hier in Europa hat sie gute Freunde, die ihre Arbeit seit Jahrzehnten unterstützen. In der Pfarre Linz St.Magdalena zum Beispiel. Als sie vor kurzem die Pfarre besuchte, da ließen sich viele anstecken von der Lebendigkeit und Kraft dieser Ordensfrau. Für 35 Schüler aus einer ihrer Schulen in Kolumbien haben „Sponsoren“ aus der Pfarre eine Patenschaft übernommen.Schwester Jagersberger wohnt und wirkt in der sogenannten „gefährlichen Zone“ von Cartagena. Im mehrfachen Sinn: An die dauernden Überfälle und Kämpfe durch die verfeindeten Guerilleros und der Paramilitärs hat man sich fast gewöhnt. Immer wieder werden Dörfer überfallen und die Bewohner flüchten aus Angst in die Stadt. „Oft töten sie in einer Nacht zwanzig, dreißig Leute“, erzählt Schwester Jagersberger von den Schrecken. Dann sind da aber auch noch die 30 großen Fabriken. Einerseits finden hier viele Arbeit. Andererseits versuchen die großen Weltkonzerne die arme Bevölkerung aus dieser Zone zu vertreiben. Gerade jetzt sollen 900 Familien vertrieben werden, weil ein riesiger Industriepark errichtet werden soll. „Wir verteidigen unser Leben“, sagt die kämpferische Schwester. So verweigert man den Menschen hier, was anderswo selbstverständlich ist: Kanalisation, Wasser. Schwester Jagersberger ist zur Widerstandskämpferin geworden. „Wir sind schon 30 Jahre im Kampf“, sagt sie. Sie weiß, wofür sie sich einsetzt. Vertriebene können kaum mehr Fuß fassen. Wer seine paar Quadratmeter Grund und Boden verloren hat, kann sich nicht mehr versorgen. Das ist der Schritt von der Armut ins Elend. Leben auf zwei mal zwei MeternDie Landflüchtlinge haben zunächst fast gar nichts. 8 mal 10 Meter Boden gesteht das Gesetz jeder Familie zu. Darauf werden winzige Hütten errichtet, zwei mal zwei Meter – für eine Familie von 6 bis 7 Personen. Der Rest bleibt als Boden fürs Leben.Der Müllberg von Cartagena gibt 250 Familien Unterhalt. Die Schwester hat diese Möglichkeit durchgesetzt. Ihr Hauptprojekt war die Errichtung eines technischen Gymnasiums, das heute 1270 Schüler besuchen. In den Dörfern rund herum hat sie im Lauf der Jahre sechs Volksschulen errichtet. Sie liegen in den von den Kämpfen bedrohten Regionen.Jetzt, mit 80, übergibt Schwester Jagersberger die Leitung ihres Lebenswerkes in jüngere Hände. Sie selbst denkt nicht ans Aufhören. An anderer Stelle will sie noch einmal neu beginnen: Vertriebene sollen neue Heimat bekommen. Eine Schule soll es geben. Um einen Friedhof muß man sich kümmern.Ihre ganze Erfahrung will sie noch einmal einsetzen, damit Menschen in ihren Dörfern bleiben können. Früher war sie als Kommunistin verschrieen, aber mit schlauer Hartnäckigkeit hat sie sich Respekt verschafft. Erstaunlich gut weiß Elfriede Jagersberger über die Kirche in Österreich Bescheid. Warum? Vor 30 Jahren ist sie auf die Kirchenzeitung aus Linz gestoßen. Seither liest sie diese regelmäßig und sie ist dankbar für die Anregungen. Sie weiß wieviel Einsatz es auch in Österreich zur Lösung jener Probleme gibt, unter denen die Armen Kolumbiens leiden.Matthäus Fellinger