Die Auferstehung Jesu ist zentral für den Glauben. Doch wie kann man heute davon verantwortet sprechen? Der Theologe Nikolaus Wandinger zeigt einen Weg dazu.
Was es bedeutet, dass Jesus von Nazaret von den Toten auferweckt wurde, kann man nur verstehen, wenn man zuerst bedenkt, warum er denn gestorben ist. Sein Tod war ja nicht einfach ein natürlicher Tod am Ende eines langen Lebens. Jesus starb recht jung mit ca. 33 Jahren, weil man ihn rechtskräftig als Verbrecher hinrichtete. Was hatte er verbrochen? Für die römische Besatzungsmacht war er ein Unruhestifter und Umstürzler, der die Herrschaft des Kaisers in Frage stellte. Auf Umsturzversuch steht der Tod durch das Kreuz. Die Römer wären aber wohl gar nicht auf die Idee gekommen, wenn nicht die religiösen Autoritäten in Israel die Initiative ergriffen hätten. Für sie war Jesus ein falscher Prophet und Gotteslästerer, der daher getötet werden musste. Worin aber sahen sie das Lästerliche in Jesu Verhalten?
Barmherzigkeit
Jesus hat von Gott als einem liebenden Vater gesprochen, der bereit ist alles zu verzeihen (wie der Vater des verlorenen Sohnes), der seine Gebote für die Menschen gemacht hat und nicht umgekehrt, dem die Heilung eines Kranken allemal wichtiger war als die Befolgung der pharisäischen Auslegung des Gesetzes; er hat mit den Menschen getrauert und gefeiert anstatt sie als unrein auszugrenzen und zu verurteilen und hat ihnen die Sünden vergeben. Darin bestand für Jesus die Erfüllung des ganzen Gesetzes – Gott aus ganzem Herzen zu lieben, indem man die Nächsten liebt wie sich selbst –, das verstand er als gute Nachahmung Gottes und er hat die Menschen aufgefordert, es ebenso zu machen. Für religiöse Autoritäten, die das anders sahen – und solche gibt es in allen Religionen immer wieder –, war es konsequent, diesem „falschen Propheten“ nach dem Leben zu trachten. Sie folgten nur dem Gottesbild, das in ihnen wirksam war. Jesus folgte in seiner Passion auch seinem Gottesbild. Sein Verhalten ist ganz außergewöhnlich: Er akzeptierte das Urteil gegen ihn nicht, er war überzeugt, kein Gotteslästerer zu sein, sondern der ultimative Bote Gottes. Trotzdem lehnte er es ab, sich mit Gewalt zu retten. Ja, er betete sogar während seines Sterbens für die, die ihn verfolgten, und zeigte dadurch, dass er ohne Abstriche an seinem Gottesbild festhielt: Nur ein so barmherziger Vater, wie Jesus ihn verkündet hatte, konnte die Bitte erhören, sogar den Henkern seines Sohnes zu ver- geben, weil diese nicht wüssten, was sie tun. Und dann? Jesus war tot, rechtskräftig verurteilt von der höchsten religiösen Instanz als Gotteslästerer. Wer konnte sich da noch zu ihm bekennen? Das war ja vielleicht wirklich ein falscher Prophet.
Vergebung
Nur Gott ist Herr über Leben und Tod. Nur Gott kann jemanden, der schon tot ist, zum Leben erwecken. Und: Nur Gott ist noch höher als das höchste religiöse Gericht. Nur Gott kann jemanden rehabilitieren, der von diesem verurteilt wurde. Wenn nun Gott diesen Jesus, der als Gotteslästerer verurteilt wurde, wieder zum Leben erweckt, dann tut er genau das. Er sagt damit: Dieser Jesus hatte Recht; die ihn verurteilten, hatten Unrecht. Jesus ist unschuldig, sie sind schuldig. Und gleichzeitig sagt er damit auch: Ich bin der barmherzige Vater, als der mich Jesus gezeigt hat. Ich bin bereit, selbst die schlimmste Schuld zu vergeben. Ich habe die Bitte Jesu, sogar seinen Henkern zu vergeben, erhört. Darum ist die Auferstehung Jesu nicht seine Privatsache. Sie ist auch für uns zentral, denn sie zeigt uns endgültig, wie wir Gott sehen dürfen: als barmherzigen Vater ohne Abstriche. Um uns das unwiderruflich zu zeigen ist Jesus gestorben und auferstanden.