Während das Religiöse massiv infrage gestellt wurde, begann man die Welt einzuhüllen in einen Nebel von Täuschungen und Vorspiegelungen – und niemand findet etwas dabei. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger
Ausgabe: 2017/27
04.07.2017 - Matthäus Fellinger
Verpackungstechnische Gründe seien es, und weil die Ware keinen Schaden nehmen soll, sagt die Wirtschaft. Ob Frühstücksflocken oder ein winziger Ersatzteil: die Verpackung ist meist unverhältnismäßig groß. Mehr Schein als Sein, sagt der Volksmund zu solchen Größenverhältnissen.
Es ist lange her, dass Philosophen meinten, man müsse die Welt vom Religiösen befreien, das bloß ersonnen worden wäre, um Menschen etwas vorzuspiegeln – weil sie es ohne die Vorstellung eines Himmels schlecht aushielten. Eine Vertröstung also. Alles ließe sich auf natürliche Ursachen zurückführen, müsse seine handfesten Gründe haben und zumindest theoretisch auch erklärbar sein.
Doch während das Religiöse massiv infrage gestellt wurde, begann man die Welt einzuhüllen in einen Nebel von Täuschungen und Vorspiegelungen – und niemand findet etwas dabei. Die Tatsachen selbst erscheinen manchem doch etwas zu nüchtern. Die fast täglich ins Haus flatternde Flut an Werbeprospekten verkündet dieses „Ersatz-Evangelium“ aus einem Gemisch aus Übertreibung, Täuschungen und Ablenkungen, mit ständig neuen Verführungsmethoden. Täuschung ist zur anerkannten Kunst geworden. Die Kaufläden des modernen Lebens sind vollgestellt mit Verpackungen. Aber wer öffnet sie und sieht nach, was wirklich drinnen ist?