Sie haben ein Jahr lang jeden Tag Ihre Eltern in einem Seniorenheim besucht und sich um sie gekümmert. Wie war diese Zeit für Sie? Das war nicht einfach. Als meine Mutter zunehmend dement und bettlägrig wurde – sie war ja durch einen Schlaganfall rechtsseitig gelähmt – habe ich meine Eltern in einem Seniorenheim mit Ehepaarzimmer untergebracht. Es ging nicht mehr.
War Ihr Vater auch krank? Er war nicht krank, aber alt und er wollte natürlich mit meiner Mutter zusammen sein. Logisch. Beide waren über 60 Jahre verheiratet, ich konnte sie doch nicht auseinanderreißen. Ein Jahr lang bin ich jeden Tag dorthin gefahren und habe meine Mutter zu Mittag gefüttert, weil sie den Arm nicht mehr bewegen konnte. Meinem Vater war es dadurch möglich, sein Essen warm zu essen. In dieser Zeit hat mein Arbeitstag erst um zwei Uhr nachmittags begonnen. Vorher gab es keine Termine. Es war mir wichtig, für meine Eltern da zu sein. Ich wollte das Gefühl haben, alles getan zu haben, damit es ihnen gutgeht. Als meine Mutter gestorben ist, war für meinen Vater das Leben plötzlich sinnentleert, weil ihm ein Stück in seinem Leben fehlte. Er hat mir dann erklärt, er will jetzt auch sterben. Wir haben lange darüber gesprochen, ich hab ihn verstanden und zu ihm gesagt, wenn du gehen willst, lass ich dich los. Dann ist er gestorben. Vier Monate nachdem meine Mutter gestorben ist.