„Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war (aus dem „Hohe Lied der Liebe“, 1 Korinther 13,11).
Ausgabe: 2017/40
03.10.2017 - Albert A. Feldkircher
So ist es auch mit meinem Gottesbild. Wie wohl bei vielen Kindern war meine kindliche Vorstellung von einem Gott als dem alten Mann mit einem dichten weißen Bart, der über uns thront und mit einem drohenden Zeigefinger mich ermahnt, brav und folgsam zu sein. Als Kind, aufgewachsen in einer katholisch gläubigen Familie und einem katholisch geprägten Umfeld, übernahm ich überwiegend konservative Vorstellungen über Gott und Glaube.
Distanz
Als Jugendlicher rebellierte ich gegen strenge Vorgaben wie Gottesdienst-Pflicht an Sonn- und Feiertagen, mindestens alle drei Monate zur Beichte und so weiter. Als ich mit 14 eine WG mit Schulbesuch in Bregenz beziehen durfte, distanzierte ich mich von derlei Verpflichtungen und machte fortan einen großen Bogen um jede Kirche.
Neues Bild
Erst als ich meine Frau kennenlernte, ihre Lebens- und Glaubensgeschichte erfuhr und sah, wie selbstverständlich sie ihren Glauben lebte, fand ich langsam wieder einen neuen Zugang. „Abgenabelt“ von meinem Elternhaus und doch tief verbunden mit meinen Eltern, wurde mir erst bewusst, was sie mir für mein Gottesbild mitgegeben hatten. Däta (Vater), in deiner Standfestigkeit im Glauben warst du mein Fels in der Brandung. Du hast mir Sicherheit und Urvertrauen vermittelt. Mama, du hast mir einen gütigen Gott gezeigt, der verzeihen kann und tolerant ist. Mit diesen Vor-Bildern in mir und eigenen Lebenserfahrungen wuchs langsam ein neues Gottesbild in mir.
Suche
Vergangenen Sommer entschlossen sich fünf Männer, ihrem Gottesbild auf die Spur zu kommen: Robert, Klaus, Martin, Karlheinz und ich. Meine Männergruppe. Den äußeren Rahmen dafür fanden wir im Kloster Gauenstein im Montafon. Jeder von uns legte in einem Raum für sich seinen „Glaubensweg“, von der Kindheit angefangen bis heute. Den stellten wir uns dann gegenseitig vor. Es waren sehr berührende Momente und wir erfuhren vieles, was wir in 20 Jahren Männergruppe noch nicht voneinander wussten. Mir wurde klar, dass mein Gottesbild wie ein Spiegel meiner Lebensgeschichte ist. Im Laufe dieser Tage in Gauenstein, in den Gesprächen und Erkenntnissen, in den stillen Zeiten, entwickelte sich mein erwachsenes Gottesbild: Gott ist das Göttliche in mir selbst. Die Liebe. Sie ist die stärkste Kraft in meinem Leben. Am Sonntagmorgen in Gauenstein wachte ich um sieben Uhr auf, mit dem Bedürfnis, im großen Brunnen im Garten einzutauchen. Ich überwand das eiskalte Wasser und stieg dann aus dem Brunnen mit dem Gefühl, neu getauft zu sein.
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