Kann eine komödiantische Figur wie Don Camillo in der Seelsorge nützlich sein? Ja, heißt es dazu aus der Diözese Rom. Wie es geht, zeigt der Pallottiner Jörg Müller.
Ausgabe: 2014/35, Don Camillo, Peppone, Rom
26.08.2014 - Heinz Niederleitner
„Herr“, sagt Don Camillo, „Peppone hat es zu arg getrieben, und ich werde ihn erledigen.“ „Don Camillo“, erwidert der gekreuzigte Christus, „auch jener, der mich ans Kreuz schlug, hat es zu arg getrieben, aber ich habe ihm verziehen.“ – Die Dialoge des Pfarrers mit Christus gehören zu den Höhepunkten in den Geschichten von Giovanni Guareschi. Er hat „dem Volk aufs Maul geschaut“: Nachdenklich, ratlos, sogar verärgert tritt Camillo vor seinen Heiland. Aber Guareschi kannte den Kern des Christentums: Und so lässt er Christus seinen Don Camillo stets barmherzig zurechtweisen und helfen.
Gelebtes Evangelium
„Wir haben den Vorschlag gemacht, bei den Katechesen nicht nur auf die Bibel zu schauen, sondern auch die Geschichten von Don Camillo und Peppone als Beispiel für das gelebte Evangelium mit einzubeziehen“, berichtete Monsignore Andrea Lonardo vom Katechismusbüro der Diözese Rom zu Radio Vatikan. Wenn man die Liebe Don Camillos zum Gekreuzigten oder zur Familie sehe, sei dies als gelebtes Evangelium verstehbar. Eine Form, wie man Don Camillo in der Predigt verwenden kann, hat sich der Pallottinerpater Jörg Müller schon vor 20 Jahren gefragt: In seinem Buch „Don Camillo spricht mit Jesus“ hat er die Dialogsituation für Predigten aufgegriffen: Der Prediger stellt wie Don Camillo Fragen oder klagt ein Leid. Und eine Stimme antwortet für Christus. Was der Pallottiner an Don Camillo schätzt, sind ein Gottesbild, das Humor beinhaltet, und die Unbefangenheit, mit der sich Don Camillo an Gott wendet. Die alten Filme sehe er sich zwar gerne an, sagt Müller, aber das Thema „Kirche und Kommunismus“ sei nicht mehr aktuell. Heute gehe es viel mehr um die Art und Weise, wie Jesus und Don Camillo miteinander sprechen: „Es ist wichtig, dass Gott hier nicht moralisiert. Er hilft Don Camillo und das oft über Gegenfragen.“ Die Umsetzung bei einer Predigt müsse aber die richtige Mischung haben und gut gemacht sein. Es gehe eben nicht nur um Witzchen, sondern um tiefe Einsichten. Und man solle solche Predigten zudem sparsam halten, damit sich das Format nicht abnutzt.
Der Weg der Versöhnung
Als besonders geeignetes Thema nennt Müller „Versöhnung“. Ähnlich sieht dies offenbar auch Monsignore Lonardo angesichts der „Gegenspieler“ Don Camillo und Peppone, die in Wirklichkeit eher Freunde als Feinde sind: „Guareschi möchte damit sagen, dass die christliche Identität nicht zum Hass führen kann.“
Zur Sache
Die Romane
Der italienische Schriftsteller und Journalist Giovanni Guareschi (1808–1968) ist der Schöpfer des umtriebigen Pfarrers Don Camillo und des kommunistischen Bürgermeisters Peppone. Er selbst war Antikommunist und Monarchist, die Motive für die Geschichten, deren erste 1946 in der Zeitschrift Candido erschien, schöpfte er aus seiner eigenen Herkunft aus der italienischen Poebene. Es gibt mehrere Verfilmungen der Geschichten, am prägendsten ist aber die Filmreihe rund um den französischen Schauspieler Fernandel, an der Guareschi teilweise selbst mitgearbeitet hat. Die Filme sind, gerade im politischen Bereich, etwas „milder“ als die Bücher, die mehr die reale Situation in Italien direkt nach dem Krieg einfangen: 1949 hatte Papst Pius XII. Kommunisten für exkommuniziert erklärt. Guareschi differenziert aber zwischen den Menschen und der Ideologie: In einer Geschichte lässt er sogar Don Camillo aus Mitleid bei der Wahl für Peppone stimmen. Auf das verzweifelte Bekenntnis Don Camillos lässt der Autor Christus antworten: „Deine Liebe zu deinem Nächsten hat deine Vernunft schweigen lassen. Gott verzeihe Dir, Don Camillo.“
Ein Buch über die Filme
Besonders die Filme mit Fernandel haben das Bild von Don Camillo geprägt. In einem aktuellen Buch von Reiner Boller erfährt man Wissenswertes darüber. Der Autor hat dazu auch mit den Kindern von Guareschi gesprochen. Einziges Manko des Buches ist das langatmige Zitieren alter Filmbesprechungen.