Dass der Zweite Weltkrieg und die Zeit danach eine Periode massenhafter Vergewaltigungen war, ist spät in die allgemeine Wahrnehmung getreten. Der Film „Agnus Dei – die Unschuldigen“ behandelt die Folgen solcher Verbrechen von Sowjetsoldaten in einem polnischen Frauenkloster.
Ausgabe: 2017/24
13.06.2017 - Heinz Niederleitner
Dabei geht es der Regisseurin Anne Fontaine weniger um die Taten an sich. Die Filmemacherin verzichtet weitgehend auf schreckliche Bilder. Die Traumatisierung ist durch die dichte Atmosphäre des Filmes auch so zu spüren. Es geht in dem Film mehr um den Umgang mit den Folgen – psychische und physische: Sieben Nonnen sind schwanger. Die Äbtissin (Agata Kulesza) versucht die Vorfälle geheim zu halten: Sie fürchtet Schande für die Frauen und die Schließung des Konvents. Doch medizinische Hilfe fehlt.
Erst der „Ungehorsam“ einer Novizin bringt die französische Ärztin Mathilde (Lou de Laâge) ins Spiel. Obwohl ihr der Glaube und das Leben der Ordensfrauen fremd sind, hilft sie unter schwierigen Umständen. Dabei kommt es zu unerwarteten Entwicklungen: Mathilde kämpft um das Leben der Frauen und der Kinder, während die Äbtissin, gefangen in pervertierten Vorstellungen von Gehorsam und Opfer, zur Mörderin wird. Es ist einer der Pluspunkte des Films, dass das gezeigt wird, ohne Vorurteile zu bedienen.
Menschlichkeit
Dazwischen gelingt es, eine Vielfalt an Menschlichkeit unter den Frauen zu zeigen. Deutlich wird das bei Schwester Maria (Agata Buzek), die zunehmend Verantwortung übernimmt. Über sie erhält Mathilde Einblick in Glaube und Zweifel. Für das Problem, wie die Ordensfrauen ihre Kinder behalten können, ohne Aufsehen zu erregen, stellt sich am Ende eine Lösung ein. Es ist der einzige Kritikpunkt an dem Film, dass das etwas aufgesetzt wirkt. Inspiriert wurde das Werk übrigens von den Erinnerungen der Ärztin Madeleine Pauliac, wobei aber offensichtlich doch viele Umstände verändert wurden. Heinz Niederleitner
Filmstart: 16. Juni. Am 19. Juni nimmt Sr. Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden, nach der 20-Uhr-Vorstellung im Wiener Filmcasino zu dem Film Stellung.