Die Diakoninnen in der Alten Kirche hat Papst Franziskus zum Thema einer Untersuchungskommission gemacht. Schon bald zeigen sich in der Kirchengeschichte auch Tendenzen, die Aufgaben von Frauen zu beschränken.
Ausgabe: 2017/23
06.06.2017 - Dr. Dr. Johannes Hofmann
Will man verstehen, wie es dazu kam, dass Frauen in den frühen Gemeinden in den Hintergrund rückten, obwohl sie gerade in Kleinasien prominent vertreten waren, muss man feststellen: Die kleinasiatische Gesellschaft des ersten und zweiten Jahrhunderts war nur im Rahmen des Haushalts („oikos“) für das Wirken von Frauen offen, obgleich diese Haushalte oft sehr umfangreich waren. Doch Ende des zweiten Jahrhunderts erfolgt ein kirchlicher Wandel. Die bisher nur locker miteinander verbundenen und hauptsächlich im Haushalt beheimateten Gemeinden schließen sich nun in kleineren oder größeren Gebieten zu Verbänden zusammen, damit ihre Bischöfe wichtige Fragen auf gemeinsamen Versammlungen (Konzilien) entscheiden können. Folglich überschreiten diese Bischöfe die Grenzen des Haushalts und übernehmen die im Römischen Reich und daher auch in Kleinasien für größere Verwaltungsbezirke üblichen Verwaltungs-, Organisations- und Beratungsformen, was einen Verzicht auf die bisher offene Position für Frauen bedeutet.
Beschränkungen
Erste Spuren einer Zurückdrängung von Frauen tauchen schon früher auf. So liegt um das Jahr 100 bereits ein Lehrverbot für Frauen im Ersten Timotheusbrief vor, wenn auch von Frauen kirchlicher Amtsträger angemessenes Verhalten und kirchliches Engagement erwartet wird (1 Tim 3,11). Nachhaltigere Wirkung erzielen die gleichzeitigen Anweisungen über die Witwen, die in der Gemeinde einen Dienst ausüben: Der erste Brief an Timotheus erinnert die Gemeinden an ihre Fürsorgepflicht für die Witwen, verlangt von ihnen aber, nur einmal verheiratet gewesen zu sein, in dieser Hinsicht also die gleichen Voraussetzungen zu erfüllen wie der Bischof und die Diakone. Ebenso sollen sie beharrlich Tag und Nacht beten sowie jungen Frauen beistehen und sie im Glauben unterweisen. So bilden die Witwen allmählich einen kirchlichen Stand, der Gebet, geschlechtsspezifische Lehrtätigkeit und Sorge um Waisen, Kranke und Gefangene als Standespflichten auffasst. Zu ihnen „gesellen“ sich schon bald die Gemeindejungfrauen, unverheiratete Frauen, deren standesmäßiges Zusammenwachsen mit den Witwen bereits Pseudo-Ignatius um 170 bezeugt. Doch geraten sie seit dem dritten Jahrhundert zugunsten der Diakonissinnen allmählich an den Rand der Gemeinden.
Diakonissenweihe
Erste Ansätze eines weiblichen Diakonats machen sich Mitte des ersten Jahrhunderts in Phöbe, dem bereits im dritten Teil der Serie erwähnten diakonos von Kenchreä, und wohl auch in einigen um 112 im kleinasiatischen Bithynien auftauchenden Christinnen bemerkbar, wobei Phöbe wohl eine Gemeinde in ihrem Haus beherbergte. Mitte des dritten Jahrhunderts erwähnt die sogenannte syrische Didascalía (Gemeindeordnung) weibliche Diakone, die Frauen in heidnischen Häusern betreuen, bei der Taufsalbung weiblicher Täuflinge dem Bischof assistieren und neu getaufte Frauen in den Glauben einführen. Von einem Dienst am Altar ist nicht die Rede. Die Apostolischen Konstitutionen des ausgehenden 4. Jahrhunderts bezeugen im syrisch-antiochenischen Raum sogar eine mit bischöflicher Handauflegung und Weihegebet verbundene Diakonissinnenweihe. Doch stellt schon 325 Kanon 19 des Konzils von Nizäa fest, Diakonissinnen seien Laien.
Verbreitet
Dennoch gibt es im ganzen ersten christlichen Jahrtausend in Ost und West Diakonissinnen, wenn diese auch laut der entsprechenden Gesetzgebung – im Unterschied zu männlichen Diakonen – stets unverheiratet sein oder dem Witwenstand angehören müssen. Immerhin hat die Liturgie in Gestalt der Witwengelübde und der Äbtissinnenweihe Elemente der mit Handauflegung und Gebet des Bischofs verbundenen Frauen-Ordination aufbewahrt.