„Das Wohl der Familie ist entscheidend für die Zukunft der Welt und der Kirche“, schreibt Papst Franziskus in „Amoris laetitia“. In der letzten Rundfrage unter den Spitzenkandidaten der derzeit im Parlament vertretenen Klubs fragen wir daher: „Vater, Mutter, Kind(er) – das ist heute eines von mehreren Familienmodellen in der Gesellschaft. Was ist für Sie die Rolle der Familie und was muss an der Familienförderung verbessert werden?“
Ausgabe: 2017/40
03.10.2017
Bundeskanzler Mag. Christian Kern, Sozialdemokratische Partei
Familie kann viele Formen haben. Uns ist wichtig, dass Menschen, die Kinder großziehen, die notwendige Unterstützung erhalten. Eines unserer größten Anliegen ist bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie: mit dem Ausbau von qualitativ hochwertigen Ganztagsschulen- und Kinderbetreuungsplätzen, mit dem wir auch für gerechte Bildungschancen für alle Kinder sorgen wollen. Wir fordern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag, ein zweites Gratis-Kindergartenjahr und den Papa-Monat für alle – auch für Regenbogenfamilien.
Absicherung. Wir wollen eine Unterhaltsgarantie, damit jedes Kind finanziell abgesichert ist. Auch der steuerfreie Mindestlohn von 1.500 Euro kommt Familien mit kleineren und mittleren Einkommen zugute. Wohnen muss leistbar sein, damit Familien nicht den Großteil ihres Einkommens für die Miete aufwenden müssen.
Außenminister Sebastian Kurz, Liste Kurz – die neue Volkspartei
Die wichtigste Gemeinschaft für Menschen ist die Familie. In ihr tragen Generationen füreinander Sorge. Kinder sind unsere Zukunft. Sie bereichern uns menschlich und in allen Lebenslagen. In einer generationengerechten Gesellschaft sind Kinder auch deshalb essentiell, da sie später jenen Wohlstand erwirtschaften, welcher der Generation vor ihnen einen gesicherten Lebensabend ermöglichen soll. Wir wollen Bedingungen schaffen, dass niemand aus finanziellen Gründen auf Familie verzichten muss.
Gerechtigkeit. Wir brauchen eine neue Gerechtigkeit: Familienpolitik ist bisher durch Geldleistungen und indirekte Leistungen wie Betreuungs- oder Bildungseinrichtungen geprägt. Wir wollen den Familien mehr Freiraum geben, indem wir ihnen von vornherein weniger wegnehmen. Für jedes Kind unter 18 Jahren soll es einen Steuerbonus von bis zu 1.500 Euro pro Jahr pro Familie bei der Lohn- und Einkommensteuer geben.
Klubobmann Heinz-Christian Strache, Freiheitliche Partei
Familie ist der wichtigste soziale Kern der Gesellschaft und bedeutet insbesondere, für andere Menschen Verantwortung zu übernehmen. Es ist daher Aufgabe der politischen Entscheidungsträger, die materielle Absicherung der Familien, eine echte Wahlfreiheit, in den ersten Lebensjahren die Kinder zu Hause betreuen zu können, sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten.
Entlastung. Wir fordern daher unter anderem: automatische jährliche Werterhaltung der Familienleistungen; Anrechnung von vier Jahren für jedes Kind für die Pensionsversicherung; Angleichung des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes sowie des Versicherungsschutzes an die mögliche Maximaldauer des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes; Schaffung eines flächendeckenden Kinderbetreuungsangebots mit hochqualifizierter Betreuung; ein steuerliches Familienentlastungsmodell als Alternative zur normalen Tarif-Besteuerung.
Vizepräsidentin des EU-Parl. Mag. Ulrike Lunacek, Die Grünen
Das herkömmliche Familienmodell wurde in den letzten Jahrzehnten durch weitere Formen des Zusammenlebens ergänzt. Die Familienpolitik trägt diesem Umstand noch nicht in angemessener Form Rechnung. Der Staat hat für alle gleichermaßen anerkennend und unterstützend dazusein. Immer noch sind klassische Rollenbilder tief verankert und werden strukturell begünstigt.
Sachleistungen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für viele Elternteile, insbesondere Frauen, immer noch eine große Hürde. Wir setzen uns daher in der Familienförderung für eine Umschichtung der Geldleistungen bzw. der steuerlichen Begünstigungen in Richtung von Sachleistungen ein. So ist es z. B. unser langfristiges Ziel, dass jedes Kind ab dem ersten Geburtstag einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Krippenplatz hat. Jedes Kind muss die besten Voraussetzungen für das Leben vorfinden.
Klubobmann Mag. Dr. Matthias Strolz, Neos
Familie bedeutet Verantwortung zu übernehmen: gegenüber Kindern, dem Partner, einer Generation gegenüber der anderen. Dies geschieht in den unterschiedlichsten Familienmodellen. Wir sagen daher: Familienpolitik muss so flexibel sein, wie das Leben kompliziert sein kann. Wir wollen daher einen individuellen Karenzanspruch für beide Elternteile. So wollen wir es Vätern ermöglichen, bei den Kindern zu bleiben und Mütter entlasten. Zusätzlich brauchen wir mehr und bessere Kinderbetreuung, in deren Rahmen auch längere Betreuungsmöglichkeiten angeboten werden. Gerade am Land herrscht in diesem Bereich oft ein Mangel.
Vereinfachung. Was Geldleistungen für Familien betrifft, so gibt es in Österreich 200 familienbezogene Förderungen. Das ist unübersichtlich, intransparent und kompliziert. Wir wollen das vereinfachen: Familienleistungen sollen einfach zu beantragen sein und treffsicher dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
Aus kirchlicher Sicht von Gertraud Ladner
Solidarische Familien
Pflege-, Patchwork-, Regenbogen-, Eineltern-, Wahl- oder Kernfamilien – alle sind gekennzeichnet durch generationenübergreifende Beziehungen. Die Gesellschaft erwartet von ihnen, tragfähige Solidargemeinschaften zu bilden, die gesellschaftliche, wirtschaftliche und persönliche Herausforderungen bewältigen. Die Aufmerksamkeit richtet sich zuerst auf die Kinder, um sie liebevoll, fördernd und beständig zu begleiten. Familie umfasst aber auch die vorausgehende Generation: Omas, Opas und andere, die unterstützen, und um die wir uns sorgen. Familie meint also mehr als Kind(er), Mütter und Väter. In „Amoris laetitia“ schreibt Papst Franziskus: „Die kleine Kernfamilie sollte sich nicht gegen die erweiterte Familie abschotten, zu der die Eltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen und sogar die Nachbarn gehören. In dieser großen Familie kann jemand Hilfe benötigen oder zumindest Gesellschaft und Gesten der Zuneigung brauchen ...“
Mehr als Geld. Heute Familien zu fördern heißt mehr als Geldleistungen: Sie brauchen Bedingungen für Arbeit, Erziehung, Bildung und Pflege, sodass sie solidarische Gemeinschaften sein können.
Dr. Gertraud Ladner ist Universitätsassistentin am Institut für Systematische Theologie der Universität Innsbruck.
Entscheidung für Österreich
Die Serie zur Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 Letzter Teil