An seinem Gedenktag stand heuer nicht Franz Jägerstätter selbst im Mittelpunkt. Der Festtag des Seligen am 21. Mai war Anlass, den Blick auf völlig vergessene Opfer der NS-Herrschaft zu richten: auf vier Trappistenmönche von Engelszell.
Um für die Enteignung des Stiftes Engelszell im Dezember 1939 einen Vorwand zu haben und um die Vertreibung der Mönche auch vor der Bevölkerung zu rechtfertigen, unterstellten die Nationalsozialisten den Trappisten vor allem zwei Delikte: Abt Gregorius Schreivogel ging für zwei Jahre wegen Devisenvergehen in den Kerker und fünf Mönche kamen wegen angeblicher „homosexueller Handlungen“ ins KZ Dachau.
Der 62-jährige Br. Aelradus Haslbeck überlebte die Torturen keinen Monat, der 66-jährige Br. Pachiomius Schäfer verstarb nach zwei Monaten, Bruder Severinus Laudenberg nach knapp einem Jahr und P. Gottfried Becker verhungerte nach zwei Jahren. Nur P. Markarius Spitzig überlebte, schwer gezeichnet von medizinischen Versuchen, denen er ausgesetzt wurde. Weitere neun Engelszeller Mönche kamen für kürzere Zeit ins Gefängnis, die übrigen wurden in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Nach dem Krieg jedenfalls kamen von den 73 Trappisten, die 1938 zu der blühenden Abtei Engelszell gehörten, nur mehr 22 zurück. Für die Mönche muss das ein Schock gewesen sein. Verbunden mit dem Vorwurf der Homosexualität mag darin ein Grund gelegen haben, dass das Lebensopfer der vier Trappisten, die im KZ umkamen, verschwiegen wurde und sie in Vergessenheit gerieten: im eigenen Haus, in der Kirche und im Staat. Eine Diskussion über das Warum wäre lohnend.
Wichtig ist aber vorerst, dass sie wieder einen Platz im Kloster und in der Öffentlichkeit bekommen haben. Das ist der Jägerstätter-Biografin Erna Putz zu verdanken. Ausgehend vom Lebenszeugnis Franz Jägerstätters holt sie regelmäßig Menschen aus der NS-Zeit ins Bewusstsein, die nicht oder wenig beachtet werden. Am heurigen Jägerstätter-Gedenktag, dem 21. Mai, richtete sie darum eine Informationsveranstaltung und Gebetsfeier in Stift Engelszell aus. Altabt Marianus Hauseder entzündete für jeden seiner ermordeten Mitbrüder im Kreuzgang eine Kerze und zusätzlich eine für den ebenfalls in Dachau getöteten jüdischen Mitbürger Ludwig Beer aus dem nahen Wesenufer. Erna Putz rief in ihrem Vortrag auf, kein Opfer des Nationalsozialismus zu vergessen, und regte eine Gedenkfahrt der Diözese Linz am 13. März 2018 nach Dachau an: „Im kommenden Jahr jährt sich der Einmarsch der Hitlertruppen zum 80. Mal. Geben wir den Verfolgten einen Platz in unseren Köpfen und Herzen.“
Zu Ludwig Beer siehe Rezension.