Krippen und weihnachtliche Bilder stehen jetzt in Oberösterreichs Kirchen im Mittelpunkt. Elisabeth Wimmer kennt sie fast alle. In der Adventzeit der letzten neun Jahre hat sie 400 Kirchen besucht und deren Schätze erforscht.
Ausgabe: 2013/50, Wimmer, Krippen, Orgel
09.12.2013 - Christine Grüll
Der König in der Pfarrkirche in Gurten reitet auf einem Kamel und wirkt etwas unproportioniert. Elisabeth Wimmer musste mehrere Anläufe nehmen, bis sie ihn und die gesamte Krippe fotografieren konnte. An dem Tag, an dem die Kirchentür wie vereinbart aufgesperrt war, wurde sie aber von einer Frau herzlich empfangen: mit heißem Tee in der winterkalten Kirche.
Das große Wissen der Mesner
Neun Jahre lang besuchte Elisabeth Wimmer 347 Pfarrkirchen und 44 Filialkirchen in der Diözese Linz. Sie hat Mesner kennengelernt und Pfarrer, Männer und Frauen, die die Kirche betreuen oder – so wie in Ungenach – sich gesellig zusammenfinden, um die Krippe während der Weihnachtszeit zu beaufsichtigen. Beeindruckt ist die studierte Musik- und Lateinprofessorin von den Menschen, die ein enormes Wissen über ihre Kirche haben. Sie hat aber auch erfahren, an wie vielen Orten kein Pfarrer mehr wohnt. Dort war es schwieriger, einen Schlüssel für die Kirchentür zu bekommen.
Ausflüge im Advent
„Von Kindheit an war ich von der Krippenkultur im Salzkammergut fasziniert“, erzählt Elisabeth Wimmer bei einem Gespräch in der Pfarrkirche Bad Ischl. Seit Jahren ist der Advent von Ausflügen geprägt: Begleitet von ihrer 80-jährigen Mutter hat Elisabeth Wimmer Tausende von Kilometern zurückgelegt und an manchen Tagen bis zu zehn Kirchen besichtigt. Sie hat Kirchenkrippen, Krippenaltäre und weihnachtliche Bilddarstellungen nicht nur fotografiert. Sie hat zudem deren Geschichte aus Pfarrchroniken und aus Erzählungen zusammengetragen und in einem Bildband veröffentlicht. Manche Pfarrmitglieder befürchteten, dass die Abbildung ihrer wertvollen Krippe Diebe anlocken würde. „Je besser aber eine Krippe dokumentiert ist, umso leichter könnte sie wiedergefunden werden“, ist sich die begeisterte Fotografin sicher.
Feine Kleider, grobe Gesichter
Die feingliedrigen Figuren der Krippe in Maria Schmolln sind farbenfroh gekleidet. Ihr Blick aus leicht hervorstehenden Augen wirkt beinahe traurig. Der Künstler war nicht bekannt, doch Elisabeth Wimmer hatte genug Krippen gesehen, um ihn schließlich auszuforschen: den Tiroler Johann Nepomuk Alois Giner den Jüngeren, der 1870 starb. Das Schmollner Kloster wurde von den Tiroler Franziskanern errichtet. Sie könnten auch die Krippe nach Oberösterreich gebracht haben. Bei ihrem ausdauernden Forscherdrang verliert Elisabeth Wimmer die Botschaft der weihnachtlichen Darstellungen nicht aus den Augen. In Pfaffing, Enzenkirchen und Brunnenthal hat sie die Arbeiten des Bildhauers Hans Mairhofer-Irrsee gesehen und liebgewonnen. Die Gesichter der grob geschnitzten Hirten und ihre Körperhaltung schaut sie gerne an – sie drücken Gläubigkeit aus.
Ungeliebte Neugotik
Elisabeth Wimmer öffnet den Deckel der Orgel in der Pfarrkirche Sankt Nikolaus in Bad Ischl. Seit Jahren begleitet sie darauf den Gottesdienst. Hier wurde das Krippenbuch im letzten Winter präsentiert. „Vielleicht gibt es den Anstoß, dass auch andere sich aufmachen und Krippen, Altäre und Bilder genauer betrachten“, hofft die Autorin, und nicht nur das: Die ungeliebte Kunst der Neugotik, die im 20. Jahrhundert aus vielen Kirchen „rausgeschmissen“ wurde, möchte sie aus ihrem Schattendasein holen. Für den zweiten Bildband ist Elisabeth Wimmer in den nächsten Jahren in Linz und im Mühlviertel unterwegs. Sie lächelt auf die Frage, wie sie die viele Arbeit schaffen will: „Man muss ein bisschen verrückt sein.“
Das erste oö. Krippenbuch
Der Bildband von Elisabeth Wimmer ist das erste umfassende Werk zu Weihnachtsdarstellungen in der Diözese Linz. Er beinhaltet die Regionen Hausruck-, Inn- und Traunviertel. Krippen, die trotz der sorgfältigen Recherche übersehen wurden, werden in einem Anhang im zweiten Band aufgenommen. Er soll in vier bis fünf Jahren zu den Regionen Linz und nördlich der Donau herauskommen. Daneben erscheinen regelmäßig regional begrenzte Publikationen wie die aktuellen Bücher zu den Ebenseer Landschaftskrippen von Walter Rieder bzw. von Franz Gillesberger und Reinhard Hörmandinger. Jauchzet, frohlocket! Kirchenkrippen, Krippenaltäre und weihnachtliche Bilddarstellungen in den Kirchen der Diözese Linz, Band I: Südlich der Donau (ohne Linz), Elisabeth Wimmer, Verlag Bibliothek der Provinz, Linz 2012, 358 S., € 44,–.