Wort zum Sonntag
Reinhard Wimmer war 13 oder 14 Jahre alt, als die Hofkapelle am Bauernhof seiner Eltern restauriert wurde. „Ich war viel dabei und habe zugeschaut. Das hat mir gefallen“, erinnert sich der erfahrene Restaurator. Er war Schüler im Kapuzinerinternat Burghausen an der bayrisch-österreichischen Grenze. Bald entschied er sich für ein Ferialpraktikum in einer Restaurationsfirma, nach dem Abitur folgten Ausbildung, Gesellenjahre und Meisterprüfung als Restaurator. „Ich könnte mir keinen schöneren Beruf vorstellen!“, schwärmt er heute noch, mehr als 30 Jahre später. Die meiste Zeit seines Arbeitslebens verbringt er in Kirchen, auch einige Kapuzinerkirchen waren bereits darunter.
Dass er zurzeit die Kapuzinerkirche in Salzburg wieder zum Strahlen bringt, freut ihn aus zwei Gründen. Einerseits ist Salzburg nicht weit entfernt von seinem Zuhause bei Burghausen. Viel öfter kommt es vor, dass er weit weg von daheim beschäftigt ist. „Das ist unser Los“, meint Wimmer. „Wir sind während der Woche meistens auswärts und nur am Wochenende daheim. Aber man gewöhnt sich daran.“ Auch seine Familie hat sich daran gewöhnt. Im Kapuzinerinternat hätte er sich vorstellen können, Priester zu werden. Dann hat er sich anders entschieden, aber bis heute fühlt er sich den Kapuzinern verbunden. Was nicht heißen muss, dass er in üppig ausgestatteten Rokoko-Kirchen weniger gern arbeitet als in den schlichten Kapuzinerkirchen. „Das Schöne ist die Abwechslung!“
Die Firma, bei der Reinhard Wimmer seit 20 Jahren angestellt ist, restauriert vorwiegend Kirchen, aber nicht nur. Auch Schlösser, Denkmäler oder Museen macht der Restaurator wieder fit. Seine älteste Kirche war aus dem 15. Jahrhundert, sein jüngstes Bauwerk ein Kanu-Zentrum in Augsburg, das für die Olympischen Sommerspiele 1972 gebaut worden war. Vor der Kanuslalom-Weltmeisterschaft 2022 erneuerte Reinhard Wimmer mit seinem Team die Malereien im Kanu-Zentrum. „Das war auch interessant“, sagt er, „einmal ganz etwas anderes.“ In Salzburg steht er nun seit Ende Mai auf dem Gerüst.
Dass ihre Kirche und das Kloster wieder einmal eine Renovierung bräuchten, war schon länger im Gespräch, verrät der Ökonom der Salzburger Kapuziner-Gemeinschaft, Bruder Stephan Schweitzer. Unklar war jedoch die Zukunft des Klosters auf dem Kapuzinerberg. Da es immer weniger Kapuziner gibt, gilt es Standorte zu schließen. „Das haben wir schon zu oft gemacht: zuerst ein Kloster renoviert und es dann abgegeben“, begründet der Ordensmann aus Deutschland die Vorsicht. Das könne man sich nicht mehr leisten. Mit dem Leistenkönnen ist es überhaupt so eine Sache, denn die Kapuziner sind ein Bettelorden. Sie haben zwar ein einzigartiges und erhaltenswertes Kloster mitten in Salzburg, doch besitzen sie weder Wälder noch Immobilien noch eine andere einträgliche Wirtschaftsgrundlage. Mit Benefizessen, Benefizkonzerten, einer „Offenen Terrasse“ an Samstagen und Bitten um Spenden versuchen sie daher, möglichst bald die 650.000 Euro Eigenanteil aufzubringen, die sie übernehmen müssen. Noch sind sie weit davon entfernt. Mit Land, Stadt und Erzdiözese Salzburg teilen sie sich die 2,4 Millionen Euro Renovierungskosten. Nicht nur das Gebäude hoch über der Altstadt wird erneuert, auch die Gemeinschaft am Standort wird durch Kapuziner aus Deutschland verstärkt. „Die Entscheidung ist gefallen, dass wir Kapuziner für die nächste Zeit hier bleiben“, kann Bruder Stephan verkünden.
Ab Advent sollen wieder Gottesdienste in der Kirche möglich sein, momentan werden sie in einem Ersatzraum im Kloster gefeiert. „Wir sind unter Zeitdruck“, lässt sich der Gesamtbauleiter Manfred Schwaiger in die Karten schauen. Aber er ist zuversichtlich. Er hat viel Erfahrung mit Bauprojekten in Kirchen und Klöstern, darunter mit Kapuzinerkirchen wie im bayrischen Wallfahrtsort Altötting. Die Lage des Klosters am Salzburger Kapuzinerberg macht dieses Projekt zu einem besonderen. „Wir brauchen hier vielfache Genehmigungen, weil so viele Aspekte zu berücksichtigen sind: UNESCO Weltkulturerbe, Denkmalschutz, Altstadterhaltung, Naturschutz am Kapuzinerberg … Selbst jedes Auto, das hier zufahren muss, braucht eine eigene Erlaubnis.“ Er erlebe aber viele konstruktive Zuständige. „Es helfen uns alle.“
Mit dem Denkmalschutz arbeitet auch Re-staurator Reinhard Wimmer zusammen. Materialien und Farben werden abgestimmt. Das Erste und Wichtigste bei der Erneuerung einer Kirche ist die sensible Reinigung der Wand- und Deckenflächen, die der Fachmann „Raumschale“ nennt, und das Reinigen der Bilder, Altäre und Ausstattungsgegenstände. In der Nähe der Opferkerzen ist die Verrußung am stärksten, sie zieht sich aber in den ganzen Kirchenraum. Wände und Einrichtung reinigt Reinhard Wimmer mit seinem Team zuerst trocken, dann feucht. Haarrisse und größere Risse werden verschlossen. Schließlich streichen sie die Wände mit einer in der Region hergestellten weißen Kalkfarbe, kleine Fehlerstellen auf Bildern werden dezent ausgetüpfelt oder ausgestrichelt. „Es braucht viel Geduld und Ausdauer“, fasst Reinhard Wimmer seine Aufgabe zusammen. „Und am Schluss sieht man im besten Fall nicht, dass wir hier gearbeitet haben.“
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