Wort zum Sonntag
Kirchenhistoriker Franz Padinger lieferte dazu seine Einschätzung.
Der Vatikan erkannte in Kaiser Karl einen vorbildlichen Christen, Ehemann, Familienvater und Herrscher, der stets das Gute seines Volkes gesucht habe. Außerdem habe er sich um die friedliche Beendigung des Ersten Weltkriegs bemüht. Eine todkranke Ordensschwester, die ihn im Jahr 1960 anrief, soll ihm außerdem ihre wunderbare Heilung verdanken.
Kirchenhistoriker Franz Padinger sagte im Interview mit der Kirchenzeitung, dass er an der persönlichen Frömmigkeit Kaiser Karls und der Lauterkeit seiner Motive nicht zweifle. Er hielt es aber zumindest für fragwürdig, in einem relativ knappen zeitlichen Abstand jemanden seligzusprechen, der politisch so weitreichende Entscheidungen getroffen habe: „Es leben immerhin noch viele direkte Nachkommen jener Menschen, die Opfer der damals auch von ihm verantworteten Politik geworden sind“, sagte Franz Padinger. Schwerwiegender sei für ihn aber, dass Kaiser Karl als König von Ungarn sich über die demokratischen Spielregeln hinwegsetzte, als er versuchte, die Monarchie in Ungarn zu erhalten bzw. wieder zu errichten.
Dass während der Regentschaft von Kaiser Karl im Oktober 1917 an der Isonzofront Giftgas eingesetzt wurde, lastete der Kirchenhistoriker Kaiser Karl dafür weniger stark an: „Ich meine […], er war da mehr Opfer der Geschichte als Täter. Für ihn spricht, dass er den weiteren Einsatz von Giftgas verbot, nachdem er Bilder von den Folgen gesehen hatte.“ Aber im Unterschied zu vielen anderen Politikern habe er während des Weltkriegs wenigstens versucht, durch Verhandlungen weiteres Blutvergießen und Elend zu vermeiden. Klar sei auch, so Padinger: „Es gibt eine Reihe von Belegen dafür, die seine Frömmigkeit und sein Ringen um ein vom Gebet getragenes politisches Wirken glaubhaft bezeugen.“
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