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Die Folkshilfe ist über Jahre gewachsen. Jetzt kommt ihr nach Linz zu Klassik am Dom und das Konzert ist ausverkauft! Was bedeutet das für euch?
Florian Ritt: Wir haben auf unserem Weg ganz viele Stationen machen dürfen und es ist über Jahre bergauf gegangen. Wir haben klein angefangen, machen noch vieles selber und werden von der Musikagentur Töchter/Söhne unterstützt. Bei der Unplugged-Tour sind an die zwanzig Personen beteiligt: Licht, Bühne, Ton etc. Trotzdem heißt es bei uns immer noch: Do it yourself! Hier in Linz zu spielen, wird etwas Besonderes. Ich freue mich auf einen lauen Sommerabend mit einer tollen Konzertatmosphäre.
Johannes Pietach alias JJ hat für Österreich den Eurovision Song Contest gewonnen. Wie ordnest du das ein?
Ritt: Grundsätzlich ist das wie Fußball, es berührt mich wenig. Der Show-Aspekt steht sehr im Vordergrund. Es wäre mir lieber, die Musik würde die Hauptrolle spielen. Trotzdem ist es toll, wenn ein Künstler aus Österreich den Preis holt und Österreich den ESC gewinnt.
Wenn jetzt alle klagen, wie viel Geld das kostet, dann muss ich schon sagen: Wer fragt danach, wie viel die Bankenrettung den Steuerzahler gekostet hat oder wie viel Geld aus der Staatskasse in die Rettung von privaten Firmen und Unternehmen geflossen ist? Auf jeden Fall ist es gut, wenn es Dinge wie Kunst, Musik oder Kultur gibt, die Leute zusammenbringen und das Gemeinsame fördern statt auszugrenzen.
Künstler:innen und ihre politische Haltungen sorgen oft für Aufregung. Dürfen oder sollen Künstler:innen ihre Meinung öffentlich sagen? Wie geht ihr damit um?
Ritt: Uns ist wichtig, dass nicht aus der Emotion heraus etwas gesagt wird. Wir besprechen das vorher in der Band. Es ist wichtig, dass Menschen für etwas auf die Straße gehen, das ist besser als nur gegen etwas zu sein. Haltung statt Spaltung ist unsere Devise. Wir haben ein extrem diverses Publikum, auch Personen mit anderer Meinung sind willkommen. Es geht um ein Miteinander.
JJ hat seinen Song gemeinsam mit einer Songwriterin und einem Producer entwickelt. Ihr schreibt eure Songs selbst und packt ganz viel Leben darin ein. Wie macht ihr das?
Ritt: Fast alle Lieder sind von mir. Unser viertes Bandmitglied ist Matthias Pirn-gruber, das ist mein Songwriting-Sparringspartner. Das Lied „Ohne di“, da geht es um den Verlust meines Vaters, ist das wertvollste Lied, das ich jemals geschrieben habe. Natürlich macht man sich da angreifbar. Den Tod des Vaters, den Kampf mit Krankheiten wie Krebs mitanzusehen, das ist so hart. Ich habe auf dieses Lied ganz viele Rückmeldungen bekommen. Viele haben das Gefühl, genau so war es. Ja, als hätte ich diesen Song für sie und ihre konkrete Situation geschrieben. Dabei ist das Lied vom Aufbau her schwierig: Es hat keinen Refrain, viele unterschiedliche Tempi ... Trotzdem spricht es die Menschen an.
Es ist ein Song, der Trost spendet in schwierigen Lebenslagen, die wir alle kennen. Und ich bin dankbar, dass ich das machen darf, dass ich meine Erfahrungen musikalisch so verarbeiten kann. Das erlebe ich als Privileg.
War es immer klar für dich, hauptberuflich Musiker zu werden?
Ritt: Ich habe wirklich lange gebraucht, das, was ich hier mache, als wertvoll zu betrachten. Lange hatte ich das Gefühl, ich sollte was „Echtes“ studieren, Zahnmedizin oder Jus, einfach irgendeine akademische Karriere einschlagen. Aber wenn ich zurückblicke, muss ich sagen: Ich habe immer schon Musik gemacht. Und Musik zu machen, was ist das für ein Geschenk! Ich habe den musischen Zweig im BORG Honauerstraße in Linz besucht, danach habe ich an der Anton Bruckner Universität Jazzgitarre und Baß studiert.
Ich bin kein Gründungsmitglied der Folkshilfe, sondern erst später dazugekommen. Es war schnell klar: Wenn wir es ernst nehmen, müssen wir ganz viel investieren in das Projekt Folkshilfe. Ich habe mich dafür entschieden, „Quetschn“ (Anmerkung: steirische Harmonika) erlernt und dem Bandleben ganz viel untergeordnet, wir haben vieles geopfert dafür. Glück und Leidenschaft haben uns dahin gebracht, wo wir jetzt stehen. Dass wir das machen und davon leben können, das erlebe ich als großes Privileg. Aber klar, am Ende des Tages müssen wir auch die Tickets verkaufen.
Linz ist bereits ausverkauft. Das heißt, 5.500 Konzertkarten sind bei Klassik am Dom verkauft worden. Wie ist das für euch, wenn ihr auch eure Anfänge im Blick habt?
Ritt: Das ist verrückt, das ist klasse. Darüber freuen wir uns! Aber als wir vor vielen Jahren im Kulturzentrum Hof ausverkauft waren, da war das fast das gleiche Gefühl. Wir vertrauen auf das, was wir uns aufgebaut haben. Wir werden Songs aus allen Alben spielen, kein relevanter Song wird fehlen.
Linz und Mariendom kennen Sie aus Ihrer Schul- und Studienzeit. Welche Erinnerungen kommen da hoch?
Ritt: Ich komme aus Steyr, war dann bei den Wiener Sängerknaben und habe in Linz im Heim „Guter Hirte“ gewohnt, das ist ja gleich ums Eck zum Mariendom. Früher bin ich hier zum Entspannen auf der Domwiese gelegen.
Das BORG, der Posthof, das Brucknerhaus: Das alles ist uns vertraut. Mit meinem Religionslehrer Martin Schrems – er ist leider 2014 bei einem Verkehrsunfall verstorben – waren wir damals im Dom bei einer Domführung. Ich habe sogar in Religion maturiert. Martin Schrems war ein toller Lehrer und sehr wichtiger Mensch, er hat auch sehr offen über manch blinde Flecken in seinem Leben gesprochen. Wir haben viel philosophiert. – Das mache ich jetzt noch lieber als während der Schulzeit.
Florian Ritt bildet mit Gabriel Fröhlich und Paul Slaviczek das Pop-Trio Folkshilfe. Mit dem fünften Studioalbum „bunt“ verarbeitet die Band Höhenflüge und Schicksalsschläge der letzten Jahre. Die drei machen seit über zehn Jahren gemeinsam Musik und sind bekannt für ihre mitreißenden Live-Shows.
Für das Konzert am 18. Juli verlosen wir 2 × 2 Karten für Abonnent:innen. Schreiben Sie bis 13. Juni an: Kirchenzeitung, KW KAD/23/Folkshilfe, Kapuzinerstr. 84, 4020 Linz, per Mail: gewinnen@kirchenzeitung.at
Die Konzertreihe lockt seit 2011 alljährlich tausende Besucher:innen auf den Domplatz. Aus den Genres Klassik, Pop, Jazz und Theater werden Künstler:innen und Weltstars eingeladen, den Platz vor dem Mariendom zu bespielen. Die Konzertreihe beginnt am 7. Juli mit Music of James Bond, am 8. Juli folgt die Stargeigerin Anne-Sophie Mutter mit dem Royal Philharmonic Orchestra, danach heißt es „Opern auf Bayrisch“ (12. Juli). Am 18. Juli kommt die Folkshilfe, als besonderen Gast bringt sie die OÖ. Band Krautschädl mit. Das Konzert ist bereits ausverkauft. Am 19. Juli folgt Musical am Dom, nach den Musicalhits wird am 25. Juli Popstar Christina Stürmer erwartet. Den Schluss bilden Jazzpianist Jamie Cullum (26. Juli) und Jan Delay mit Disko
No. 1 (3. August). Die Kirchenzeitung ist Partnerin dieser Reihe. Für Abonnent:innen gibt es 10 % Ermäßigung und laufend Karten zu gewinnen (bitte Abo-nummer angeben).
www.kirchenzeitung.at/vorteilskarte
Das nächste Konzert im Rahmen des Brunnenthaler Konzertsommers trägt den Titel „Concerto Stella Matutina“ und findet am So., 15. Juni um 18 Uhr in der Barockkirche Brunnenthal statt. Werke von Bach, Telemann, Fasch werden erklingen. Es musizieren Wolfram Schuring, Eva Lio (Blockflöten), Angelika Gallez und Julia Schwegler (Traversflöten).
Info und Karten: 0664 88 58 33 52
Die kommende Ausstellung mit Werken von Oswald Miedl heißt „Auch kleine Dinge haben ihren Reiz“. Sie zeigt Zeichnungen des Künstlers im Bilger-Breustedt-Haus in Taufkirchen an der Pram. Die Ausstellung wird am 22. Juni um 15 Uhr eröffnet und ist bis
24. August zu sehen.
www.bilger-breustedt.at
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