Die Politik unterwirft sich der Wirtschaft, statt Ziele vorzugeben. Die soziale Ungleichheit wächst, ebenso die Unzufriedenheit. Menschen kritisieren, protestieren und wollen Veränderung. Dieser Problematik widmet sich die Sommerakademie der Johannes Kepler Uni Linz.
Ausgabe: 2012/23, Kritik, Politik, Protest, Weiterbildung, Wirtschaftssystem, Nordmann, Ötsch
06.06.2012 - Ernst Gansinger
Das Wirtschaftssystem ist so stark, weil die wirtschaftlichen Eliten und die politischen Klassen eng zusammenarbeiten, sagt Jürgen Nordmann vom „Institut für die Gesamtanalyse der Wirtschaft“ an der Johannes Kepler Universität Linz. Nordmann gehört zum Team um Univ.Prof. Walter Ötsch, das von 7. bis 9. Juni in der Tabakfabrik in Linz die Sommerakademie 2012 ausrichtet. Sie befasst sich mit „Kritik, Einmischung, Protest“. Mitveranstalterin ist auch die Katholische Sozialakademie Österreichs.
Unterwürfige Politik. Denke man grundsätzlich, komme man drauf, dass die Wachstums-Philosophie das Problem ist“, sagt Nordmann. Ötsch meint, die Politik müsste nicht von der Wirtschaft abhängig sein, denn die wichtigsten Regeln werden politisch festgelegt. „Es ist eine bestimmte Art von Politik, die sich der Wirtschaft unterwirft.“
Fiskalpakt in der EU. Als folgenschwere Unterwerfung der Politik nennt Walter Ötsch den Europäischen Fiskalpakt. (Die meisten EU-Staaten haben strenge Obergrenzen für die Staatsschulden inklusive Sanktionen gegen Verletzungen des Reglements vereinbart.) Die Politik verschleiere immer noch, wie sie sich hilflos macht.
Zunehmende politische Wachheit. Bürgerinnen und Bürger würden zunehmend politisch aufmerksam. Davon gehen die Veranstalter der Sommerakademie aus. „Dennoch kann einer institutionellen Opposition, die gerechtere Alternativen zum derzeitigen Wirtschaftssystem vertritt, kaum Chancen auf eine Politikwende eingeräumt werden“, steht im Einladungstext. – Veränderung wünschen sich viele, aber birgt der Bruch mit dem Bestehenden nicht die Gefahr, ins Chaos abzustürzen? – Jürgen Nordmann nennt das ein „Totschlag-Argument“, wenn an kritisch Aktive zuerst die Frage kommt: Wie schaut die Alternative aus, habt ihr einen Masterplan? „Den gibt es natürlich nicht! Das Interessante ist, dass die Zukunft dann offen ist, dass offen ist, wie man leben will, wie man wirtschaften will.“ Die Sommerakademie will die Kritik, den Protest „stärken, stärken, stärken“, wie Walter Ötsch formuliert.
- Sommerakademie 2012, eine Weiterbildung für politisch Interessierte zum Thema: Kritik –Einmischung – Protest, 7. bis 9. Juni, Tabakfabrik Linz, Ludlgasse 19, Teilnahmegebühr: € 30,–.