Ein 30jähriger ungarischer Wirtschafter, der anonym bleiben will, erzählt über sein Verhältnis zur und seine Schwierigkeiten mit der Kirche.Ich bin in einer sehr offenen, liebevollen katholischen Familie aufgewachsen. Nach dem kirchlichen Gymnasium war ich in der Jugendarbeit tätig. Ich habe u. a. Exerzitien und Jugendleiterausbildungen gehalten. Es gab für mich zwei große „sie“ in meinem Leben: meine Frau und die Kirche. In den letzten Jahren ist aber in meiner Beziehung zur Kirche nach und nach alles zusammengebrochen. Ich sehe sie jetzt als eine Sackgasse. Meiner Meinung nach ist die Kirche nicht für erwachsene und kreative Menschen geeignet.Die Kirche vermittelt ein Gottesbild, bei dem man passiv bleiben muß. Ein Erwachsener beteiligt sich an seinen Beziehungen aber aktiv! Wir erleben in unserer Gesellschaft in Ungarn demokratische Veränderungen – Frauenrechte, Wahlmöglichkeiten usw. Die Kirche bejaht dies, aber nur, wenn es sie selbst nicht betrifft. Da ist dann noch die Inanspruchnahme der Universalität der katholischen Kirche. Ich finde, es ist nur ein winziger Ausschnitt, den die katholische Kirche über Gott weiß. Ich stelle mir Gottes Garten vor wie einen Kreis mit vielen Eingängen, das sind die verschiedenen Religionen. Ich habe außer christliche auch jüdische und muslimische Freunde. Ich weiß, daß sie durch ihren Glauben zu den gleichen Wertanschauungen kommen wie ich. Wie ich es sehe, stapfen die Anführer der Religionen vor ihrer eigenen Tür umher und fürchten sich, diese zu verlassen. Sie waren noch nie im Garten und wissen nicht um die anderen Eingänge.Was die Zukunft bringen wird? Ich will, solange es gelingt, mit meiner Kirche leben. Ich möchte jetzt ein Jahr „Diät“ halten, weg von allen Kirchen, alles genau von weitem beobachten, damit ich wirklich für mich den richtigen Weg auswählen kann. Ich fühle einen Bannkreis um Religionen, die ihre Mitglieder nicht weglassen. Ich habe diesen Bannkreis durchbrochen. Ich möchte noch viel Energie in Gottes Sache investieren, aber an einem Platz, wo ich auch die Struktur annehmen kann.