Wort zum Sonntag
Mit einem letzten Wunsch am Totenbett hat vor 170 Jahren alles begonnen. Die Bäuerin Theresia Bichler forderte ihrem Mann Matthias im Sterben auf, ein Marienbild im nahe gelegenen Wald aufzuhängen. Viele Jahre war es wenig beachtet im Bauernhof gelegen, nun sollte das Glaubenszeugnis zu seiner wahren Bestimmung kommen. Es muss eine besondere Anziehungskraft besessen haben, denn die Pilgernden kamen bald in Scharen. Matthias Bichler hat das als Auftrag verstanden eine Holzkapelle zu bauen, Vorläuferin der heutigen Kirche. Eine Wallfahrtsstätte war geboren, bis heute ziert das Bild den Altar.
Dass die Pilgertradition von Maria Pötsch lebendig blieb, ist vor allem das Verdienst einer Familie, die auf dem Hof lebt, wo das Gründerehepaar von Maria Pötsch wohnte. Denn wenige Jahre vor seinem Tod verkaufte Matthias Bichler gegen Ende des 19. Jahrhunderts an die Familie
Koblmüller. Die Nachfahren sind bis heute im Besitz der Kirche von Maria Pötsch.
Gerade jetzt im Frühsommer zeigt sich Maria Pötsch von seiner schönsten Seite. Sonnenstrahlen fallen durch das Laub, die Blätter der Bäume zeichnen ihr fleckiges Muster auf der Vorderfront der Wallfahrtskirche, daneben plätschert der Bach. Maria Pötsch, in der ca. 90 Personen gemeinsam Messe feiern können, ist ein malerisches Kleinod. „Im Frühling waren viele einzelne Spaziergänger und Pilger da“, erzählt Altbäuerin Theresa Koblmüller. „Manche hätten sich sogar gewünscht, ob wir schon früher als sonst üblich am 1. Mai die Kirche aufsperren.“ Dabei ist es jedoch auch heuer bei der Öffnung der Kirche, von Maria Pötsch von Mai bis Ende Oktober geblieben.
So beliebt die Kirche damals wie heute ist, auch als Tauf- und Hochzeitskirche, so stand ihre Existenz in den Anfangsjahren auf der Kippe. Die Kirchenleitung beobachtete Maria Pötsch Mitte des 19. Jahrhunderts mit Argwohn und Skepsis. Sie hatte die Wirte der Umgebung im Verdacht, die Wallfahrt nur deswegen vorangetrieben zu haben, um Geld zu verdienen. Tatsächlich gab es von Beginn an bis hinauf in die 1980er-Jahre neben der Kirche Verkaufsstände mit Rosenkränzen, Süßigkeiten und anderen Souvenirs. An die Wunder, die in Maria Pötsch angeblich passiert sein sollen, wollten die Seelsorger nicht recht glauben, wie ein Schriftverkehr aus der damaligen Zeit belegt. Da man den Zorn der Pilgernden fürchtete, sah man von einer Schließung der Kapelle jedoch ab. Maria Pötsch war gerettet.
Man könnte die Gründung von Maria Pötsch als eine Geschichte der Geschäftemacherei erzählen. Eine einfache Pointe wäre das, doch ist diese Pilgertradition sehr wohl ein starker Ausdruck des Glaubens und der Volksfrömmigkeit. Sonst hätte Maria Pötsch heute ohne die Verkaufsstände kaum noch eine Bedeutung. Konstante blieb über all die Jahre der Wunsch der Pilgernden, dass sie Maria ihre Sorgen und Ängste anvertrauen können. „Vor hundert Jahren war es zum Beispiel üblich, dass die Frauen bei einer Fehlgeburt Frösche in die Nische der Kirchen gehängt haben“, berichtet Rudolf Kepplinger, ein Nachbar der Koblmüllers, der sich intensiv mit der Historie von Maria Pötsch befasst hat.
Im Gästebuch, das in der Seite der Kirche aufliegt, formulieren auch heute manche Pilgernde ihre Bitten. Wie das Leben spielt, ist alles dabei: die Hoffnung, dass es den Enkerln gut geht, Liebeskummer, aber auch gesundheitliche Probleme.
Was die Gesundheit betrifft, kommt der „heiligen Quelle“ direkt neben der Kirche eine besondere Bedeutung zu. Die Einheimischen sprechen dem Wasser seit Jahrhunderten Heilkraft zu. Besonders bei Augenleiden soll es Linderung verschaffen. „Bei einer Frau, die vor einem Jahr an den Tränensäcken operiert wurde, gab es keine Besserung. Nur das Wasser von Maria Pötsch hat ihr am Ende geholfen“, erzählt Josef Koblmüller junior, Sohn der Altbauern, der im zehn Kilometer entfernten St. Peter/Wimberg lebt. Auch er selbst nehme sich jede Woche einige Flaschen von der Quelle mit, da es eine positive Wirkung auf seine Gesundheit habe.
Für seinen Vater Josef Koblmüller senior ist das Gotteshaus das tägliche Ziel – und das schon seit 40 Jahren. Der 87-jährige Altbauer sperrt die einen Kilometer vom Bauernhof entfernte Kirche in der Früh auf und am Abend zu. Er kümmert sich darum, dass für Wallfahrer/innen geöffnet ist. „Gleich nach dem Frühstück geht er weg, weil er‘s nicht mehr erwarten kann“, erzählt seine Frau Theresa Koblmüller. „Alle von der Großfamilie helfen mit, angefangen von meinen Eltern, die schon über 80 sind, über meinen Bruder und die Schwägerin bis hin zu den Enkerln“, betont Josef Koblmüller junior. Im Frühling wird nach der Winterpause zwei Tage geputzt, Spinnweben entfernt und der Boden eingelassen, damit alles für die Pilgernden vorbereitet ist.
„Wir arbeiten für Gottes Lohn“, sagt Theresa Koblmüller. Mit der Kirche ist kein Geld zu verdienen, das ist klar. Gab es zu Zeiten des Wallfahrtsgründers noch Streitigkeiten, wem die Opferstockeinnahmen gehören, so gibt es heute längst eine gutes Einvernehmen mit der Pfarre Altenfelden. So steht außer Frage, dass die Opferstockeinnahmen dem Erhalt der Kirche zugute kommen.
Damit soll der Glanz der Wallfahrtskirche gewahrt bleiben. „Uns ist wichtig, dass die Kirche gepflegt und genützt wird“, betont Josef Koblmüller junior. Was ihn besonders freut: „In den letzten Tagen haben wieder ein paar Leute eine Taufe angemeldet. Man sieht, dass es nach der Corona-Krise wieder bergauf geht.“ «
Die Wallfahrtkirche Maria Pötsch in Altenfelden ist von 1. Mai bis 31. Oktober geöffnet, jeweils von 8.30 Uhr bis 17 Uhr. Maria Pötsch steht in Besitz von Ludwig und Berta Koblmüller, Pflege und der Erhalt der Wallfahrtskirche sind Angelegenheit der ganzen Großfamilie. Der Wallfahrtsort ist Teil des Granitpilgern-Wanderwegs. Dieser führt in drei bis vier Tagesetappen auf einer Gesamtlänge von rund 90 Kilometern durch die südöstliche Region des Bezirkes Rohrbach. Kirchen und Marterl, Kraft- und Aussichtsplätze säumen den Granitweg durch zehn Gemeinden des Oberen Mühlviertels. Die katholische Kirche bietet über das Netzwerk „Spirituelle WegbegleiterInnen“ Pilgerangebote an.
www.spirituelle-wegbegleiter.at
www.granitpilgern.at
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