Die Pfarren haben für Kinder jede Menge Angebote, für Erwachsene dagegen wenig. Über Wege, wie man Erwachsene in den Blick nehmen kann, referierte der Freiburger Pfarrer Klemens Armbruster – in einem mit 140 Zuhörern übervollen Leonsteiner Pfarrsaal.
Für Kinder und Heranwachsende sind die Schritte hin zum Glauben jeweils mit einem Fest und mit Geschenken verbunden: Taufe, Erstkommunion und Firmung. „Nur für die Lebensstufen der Erwachsenen gibt es keine Feste mit Geschenken“, meint Pfarrer Armbruster schmunzelnd. Was er damit sagen will, ist ihm aber sehr ernst: „Es fehlen eigene Riten, mit denen Erwachsene ihre Glaubensentscheidung zeigen und feiern können.“ Noch gravierender empfindet er, dass es in der Pastoral kaum Angebote für Erwachsene gibt, wo sie neu ihren Glauben entdecken können – vor allem dann nicht, wenn sie Single sind.
Zerbrochene Tradition. In der heutigen gesellschaftlichen Situation steht außer Zweifel: Es gibt kein selbstverständliches Christsein mehr, so wie es jahrhundertelang Tradition war und wie es in manchen Diözesen Österreichs bis in die 1960er-Jahre mit Hilfe der Gliederungen der Katholischen Aktion funktioniert hat: Von der Jungschar trat man in die katholische Jugend über und fand in der Katholischen Männer-, Frauen- oder Arbeitnehmer/innen-Bewegung seinen kirchlich betreuten Platz für das Erwachsenenleben.
Konserven der Kindheit. Die Glaubensrealität vieler Erwachsener beschreibt Armbruster mit dem Bild: „Sie leben von den religiösen Konserven ihrer Kindheit. Sie tragen noch immer die Kinderschuhe des Glaubens.“ Die Entwicklungspsychologie zeigt aber, dass frühere Lebensphasen keine Vorbereitung auf die nächste sind. „Man kann einem neunjährigen das Bußsakrament nicht so erschließen, dass er als 29-Jähriger damit etwas anfangen und es praktizieren könnte“, so Armbruster: „Glaube, der nicht wächst, bleibt kein kleiner Glaube, sondern verkümmert.“ Seine Grundbotschaft: „Glaubenserfahrungen müssen in jeder Lebensphase neu gemacht werden.“ Ein Weg dazu sind Glaubensseminare in den Pfarren. Sie sind der Ort, wo neuen Freude am Glauben und an der Gemeinschaft der Kirche wachsen kann.
Glaubenswahl. Armbruster ist in der Erzdiözese Freiburg für die „Evangelisierende Gemeindepastoral“ zuständig und begleitet die Pfarren bei ihrer Öffnung hin auf die Erwachsenen. Als unverrückbare Wegmarkierung seiner Arbeit bezeichnet er die Freiwilligkeit. Sie geht bei ihm so weit, dass er – im Umfeld der Großstadt Mannheim – nicht einmal den Elternabend für die Erstkommunion zur Glaubensverkündigung verwendet. Die Eltern kommen wegen ihres Kindes. Sie möchten wissen, wie das Fest abläuft und mehr nicht, so seine Überzeugung. Was er aber sehr wohl macht: Er weist die Eltern auf Glaubensseminare hin, die in einem zeitlichen Abstand vom Fest angeboten werden: „Die Kirche muss sich klar sein: Wir stehen zur Wahl.“
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Reaktionen
„Mich hat die Freude beein-druckt, die Pfarrer Armbruster ausstrahlt. Ich glaube, darauf kommt es an: dass wir unseren Glauben mit Freude leben und einen freudvollen Glauben weitergeben können.“ Margareta Kranawetter, Aschach an der Steyr
„Gut gefallen hat mir, dass der Vortragende das Herz angesprochen, den Menschen in seiner Persönlichkeit in den Mittelpunkt gestellt und nicht nur theologische Grundsätze vertreten hat. Den praktischen Hinweis, dass kleine Glaubensgruppen Erwachsener die Einbindung in ein größeres Netzwerk brauchen, fand ich sehr wertvoll.“ Claudia Dornmayr, Molln
„Die frischen Ideen über die Bedeutung, die den Erwachsenen in der Kirche zukommt, haben mich beeindruckt. Besonders nehme ich den hohen Wert der Freiwilligkeit und der Freiheit mit, ohne den kein Wachstum im Glauben möglich ist.“ Peter Hochrathner, Leonstein