Pokémon Go war eines der großen Themen dieses Sommers. Millionen Spieler schwärmten aus, um die kleinen Monster zu sammeln.
Ausgabe: 2016/36
06.09.2016 - Paul Stütz
Sie sitzen im stillen Kämmerlein, haben keinen Kontakt nach draußen und versinken in der virtuellen Welt. So ungefähr stellte man sich bisher den typischen Computerspieler vor. Pokémon Go hat die Bedingungen jedoch radikal geändert. Bei dem Smartphone-Spiel geht es darum, in die wirkliche Welt rauszugehen und virtuelle Comic-Figuren an öffentlichen Plätzen zu finden. Das Prinzip, wenn die virtuelle über die echte Welt gelegt wird („Augmented Reality“), ist mit Pokémon Go das erste Mal mit einer weltweit bekannten Marke kombiniert worden. Damit hat das „Mobile Game“ einen Meilenstein gesetzt: Am Höhepunkt des Hypes wurden 45 Millionen Spieler weltweit gezählt. Praktisch von der ersten Stunde, als Pokémon Go Anfang Juli herauskam, war Manuel Gas mit von der Partie. Der 21-jährige Linzer hat im Sommer oft mehrere Stunden täglich damit verbracht, Jagd auf Pokémons zu machen. Auf den Inlineskates oder im Auto ist er mit seiner Schwester ganz Linz abgefahren („Zum Spielen sind wir natürlich stehen geblieben“). Die beiden haben sich so manche Nächte um die Ohren geschlagen. „Ich war definitiv mehr an der frischen Luft als in den Sommern zuvor“, resümiert er.
Gemeinschaft von Gamern
Den Reiz von Pokémon macht für viele Spieler wie Manuel das Gemeinschaftserlebnis aus. Das hat sich für Manuel besonders während des Sommercamps der Katholischen Jugend am Attersee gezeigt. „Wir sind als Gruppe von 15 vom Attersee nach Vöcklabruck aufgebrochen. Mit der Zeit sind immer mehr Pokémon-Spieler dazugekommen. Das war schon ein tolles Erlebnis“, erzählt er. Kritische Stimmen zu Pokémon Go ließen diesen Sommer dennoch nicht lange auf sich warten. Die Spieler würden etwa im Straßenverkehr zu wenig aufpassen. Verkehrsunfälle in Zusammenhang mit Pokémon waren sehr selten, aber umso fataler. In Japan verursachte etwa ein Pokémon-Go-spielender Lenker einen tödlichen Verkehrsunfall. Im Kölner Dom erregten Pokémon-Fans wiederum den Unmut der Gläubigen, worauf das Spiel dort verbannt wurde. Anders verhielt sich die anglikanische Kirche von England: Durch das Onlinespiel könne man Menschen treffen, die normalerweise nicht in die Kirchen gingen. Für Manuel hat das Spielen von Pokémon in Kirchen jedenfalls nichts verloren. „Da habe ich zu viel Respekt davor.“ Derzeit hat der junge Linzer aber sowieso eine Pokémon-Go-Pause eingelegt. „Es hat ein wenig an Reiz eingebüßt.“ Nachsatz: „Sollte das Tauschen von Pokémons möglich werden, bin ich wieder dabei.“ So wie Manuel denken viele Spieler. Es ist einer der entscheidenden Punkte, ob das Handy-Spiel eine Eintagsfliege ist oder Dauerbrenner bleibt. An den Anblick von Online-Spielern in der Öffentlichkeit sollte man sich aber wohl gewöhnen. Der Erfolg von Pokémon Go hat Nachahmer auf den Plan gerufen, die nun ihrerseits mit „Mobile Games“ den Durchbruch schaffen wollen.