Martyrium aus dem Glauben will Heilung, niemals Rache. Das neue Jägerstätter-Institut an der Katholischen Universität Linz soll für eine versöhnende Erinnerungskultur arbeiten.
Ausgabe: 2017/44
30.10.2017 - Matthäus Fellinger
Der Innsbrucker Theologe Jozef Niewiadomski machte den Unterschied bei der Gründung des Franz und Franziska Jägerstätter Instituts an der Katholischen Universität Linz am 25. Oktober deutlich: Selbstmordattentäter erhoffen das Paradies für sich – und wünschen andere in die Hölle. Sie sehen das Töten als den Weg zur Heiligkeit – und sie bleiben so im Teufelskreis, der immer wieder neue Opfer verlangt, gefangen.
Christliches Martyrertum will Versöhnung und Heilung. Im Doppelzeugnis von Franz und Franziska Jägerstätter sei das besonders deutlich geworden. Das „Revolutionäre“ an ihrem Zeugnis sieht Niewiadomski nicht vorrangig im Opfer begründet, das Franz mit seinem Tod auf sich genommen hat, sondern darin, „dass sie beide miteinander glücklich waren“. Auch im Tod des Mannes sei dieses Glück nicht verblasst. Im langen alltäglichen Leben von Franziska Jägerstätter sei dieses Zeugnis erst ganz geworden.
Ein Hoffnungsweg
Christliches Martyrertum wird nicht von Rache angetrieben. Es will die „Heilung“. Ihr gemeinsames Zeugnis reinigt das Gift der Rachegefühle, meint Niewiadomski. Ihr Zeugnis verewigt nicht die Hölle, provoziert nicht ständig neue Opfer, es öffnet den Hoffnungsweg zum Himmel.
Für Jozef Niewiadomski ist es vor allem die Haltung von Franziska Jägerstätter, die das Ideal eines politischen Martyrertums aus den Angeln hebt: ihr alltägliches Leben nach dem Tod ihres Mannes. Auch heutige Erinnerungskultur müsse zur Heilung verhelfen. Erinnern ist mit Heilen verbunden. Die Lebenszeugnisse von Franz und Franziska Jägerstätter greifen ineinander, sie machen sich gegenseitig verständlich – beide müssten – schlägt Niewiadomski vor – von der Kirche heiliggesprochen werden.
Das Franz und Franziska Jägerstätter-Institut wurde von Bischof Manfred Scheuer offiziell gegründet. Finanziert wird es für die Dauer von zehn Jahren aus Mitteln des Landes Oberösterreich, der Diözese Linz und der Ordensgemeinschaften. „Der Kirche als Nachfolgegemeinschaft Jesu ist es aufgetragen, den Frieden und die Versöhnung im Blick zu haben und je neu anzustreben“, sieht der Initiator des Institutes, Univ.-Prof. Dr. Ewald Volgger, eine Zielsetzung der Arbeit am neuen Institut.
Einen Beitrag zur Erinnerungskultur hat Bischof Manfred Scheuer bereits am 23. Oktober vorgelegt – mit seinem Buch „Kraft zum Widerstand“. Es wurde bei der offiziellen Jägerstätter-Feier im Landhaus präsentiert. „Franz Jägerstätters Zeugnis – und die Zeugnisse der anderen Martyrer aus der Zeit des Nationalsozialismus – können Kraft zum Leben und zum Glauben geben“, hofft Bischof Scheuer. Er reflektiert in diesem Buch die Lebenszeugnisse von Franz Jägerstätter, Otto Neururer, P. Jakob Gapp SM, Provikar Carl Lampert, P. Engelmar Unzeitig CMM, Josef Mayr-Nusser, Clemens August Kardinal van Galen, P. Franz Reinisch SAC, Johann Gruber und Sr. Angela Autsch. « Fellinger
Manfred Scheuer, Kraft zum Widerstand. Glaubenszeugen im Nationalsozialismus, 130 Seiten, Tyrolia-Verlag 2017, € 17,95.
Neuerscheinungen im Lutherjahr
Linz. Im Wagner-Verlag erschienen jüngst im Rahmen des „Lutherjahres“ 2017 drei neue regionalgeschichtliche Publikationen – über das Salzkammergut, über Steyr und über die Großpfarre Vöcklabruck-Schöndorf. Außerdem erschien zu diesem Anlass in zweiter Auflage der historische Roman aus der Reformationszeit „Die geöffnete Tür“.
Bei der Präsentation der Neuerscheinungen am 24. Oktober 2017 im Priesterseminar wurde einmal mehr die breite und selbstverständliche Rezeption der lutherschen Gedanken im 16. Jahrhundert im Land ob der Enns deutlich. Die neuen Forschungen verschweigen auch nicht die repressiven Methoden der Gegenreformation, mit denen gegen Protestanten vorgegangen wurde.
Die Neuerscheinungen: Heinz Schießer, Wir gehen zwar, aber wir kehren wieder. Gegenreformation und Geheim-Protestantismus im Salzkammergut, Linz 2017, € 30,–.
Franz Satzinger, Die Geschichte der Pfarre Vöcklabruck – von den Anfängen in das 19. Jahrhundert, Linz 2017, € 29,–.
Gerold Lehner/Raimund Locicnik, Steyr – Stadt der Reformation, Linz 2017 – erscheint demnächst.
Martin Stankowski, Die geöffnete Tür. Eine Erzählung aus der Reformationszeit, Linz 2017, € 21,–.